Was kann ich tun?

„Es wird die Zeit kommen, in der ihr begehren werdet, zu sehen einen der Tage des Menschensohns, und werdet ihn nicht sehen“ (Lukas 17:22, Luther). Wenn wir vor Prüfungen und verwirrenden Problemen stehen, sehn en wir uns so sehr nach ein paar Minuten, in denen wir von Angesicht zu Angesicht mit Gottes Sohn sprechen und Antworten auf unsere drängenden Fragen aus seinem eigenen Mund hören könnten. Aber jene kostbaren Jahre, während derer unser Herr von Angesicht zu Angesicht mit seinen Jüngern sprach, sind lange vergangen. Unser Bedürfnis nach seinen Antworten besteht jedoch weiter. Bedeutet das, dass wir ohne verlässliche Führung, nur mit beunruhigenden Fragen, gelassen sind?

Nein, bei seiner Himmelfahrt ließ Jesus Christus seine Jünger nicht in einem Zustand der Hilflosigkeit, als verlassene Waisen (Johannes 14:16-18). Er sicherte ihnen zu: „Der Beistand aber, der heilige Geist, den der Vater statt meiner zu euch senden wird, wird euch alles aufs neue deutlich machen und euch an alles erinnern, was ich gesagt habe“ (Johannes 14:26, Zink, 1965).Heute bringt „der Geist“ im Zusammenwirken mit dem Wort Gottes den Christen die Lehre des Sohnes Gottes (wie sie in der Schrift steht) wieder in den Sinn und ermöglicht es dem Gläubigen, auf der Grundlage dieser Lehre den Weg, den er gehen soll, zu verstehen. Da das ganze Wort Gottes inspiriert ist, enthält es alles, was entscheidend ist, damit der Christ weiter den engen Weg gehen kann, der zum Leben führt.

Gelegentlich mögen wir uns jedoch verlassen vorkommen, in Situationen gestoßen, die wir uns nie hätten vorstellen können und für die wir schlecht vorbereitet zu sein scheinen. Eine der betrüblichsten Erfahrungen im Leben von Christen ist es, zu entdecken, dass die besondere Gruppe oder Bewegung, mit der wir lange zeit verbunden waren, nicht wirklich ist, was sie zu sein behauptet. Das Ergebnis ist oft innerer Aufruhr – ein Gefühl von Furcht, Alarm und beunruhigendem Alleinsein. Der Gedanke, enge Freunde zu verlieren und selbst unter den Gliedern der eigenen Familie zu einem Ausgestoßenen zu werden, scheint zu viel zu sein, um es zu ertragen. Das kann gepaart sein mit dem verunsichernden Gefühl, dass man vielleicht im Unrecht ist – dass man in Gefahr steht, das eigene ewige Leben aufs Spiel zu setzen.

ZUSICHERUNG

Der erste Brief des Apostels Johannes kann von großer Hilfe sein, jedes Unbehagen zu beruhigen und  uns die unabänderliche Liebe unseres himmlischen Vaters zuzusichern. Es ist eine Liebe zu uns als Einzelnen, als Menschen, für die sein Sohn starb. Unser

Leben in Übereinstimmung mit den Lehren und dem Vorbild seines Sohnes dient als greifbarer Beweis, dass wir glaubensvoll seinen Opfertod für uns und ihn als unseren.

Herrn angenommen haben. Folglich sind wir nicht länger seinem Vater entfremdet und unter der Verurteilung der Sünde, sondern Glieder der Familie der geliebten Kinder Gottes. Das ist es, was unser himmlischer Vater in seinem Wort offenbart hat (Römer 8:1-4, 12-17). Daher nehmen wir als vertrauende Kinder mit Recht an, was er in einfachen Worten durch den inspirierten Apostel dargelegt hat – anstatt jeder Neuinterpretation, die bei nicht inspirierten Menschen ihren Ursprung hat (wie plausibel oder eindrucksvoll ihre Argumentation auch scheinen mag). Der inspirierte Apostel Johannes sagt uns: „Seht doch, wie sehr uns der Vater geliebt hat! Seine Liebe ist so groß, dass er uns seine Kinder nennt“ (1. Johannes 3:1, Die Gute Nachricht). Die Tatsache, dass wir fehlerhaften Menschen „Kinder Gottes“ genannt werden können, ist etwas, auf das wir mit Verwunderung schauen. Es ist wirklich erstaunlich, dass der Eine, der so rein, so liebevoll und so gut ist, uns als seine eigenen Kinder annimmt, weil wir glaubensvoll seinen Sohn und alles, was er für uns getan hat, angenommen haben. Allein schon der Gedanke, dass dies so ist, erscheint überwältigend. Doch nach den ältesten Handschriften folgt der Aussage des Apostels die bedingungslose Zusage: „und wir sind es“, das heißt, wir sind wirklich Gottes Kinder.

Wenn wir lieben, so wie Gott und Christus lieben, ist dies der Weg, uns unseres Standes als geliebte Kinder zu versichern, von unserem „Herzen“, unserem tiefen Innern, Zweifel und Gefühle der Wertlosigkeit zu vertreiben. Der Apostel Johannes schrieb: „Meine Kinder, lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Daran [wenn wir so im wahren Sinne des Wortes lieben] erkennen wir, dass wir aus der Wahrheit sind, und können unser Herz vor ihm damit zum Schweigen bringen, dass, wenn unser Herz uns verdammt, Gott größer ist als unser Herz und erkennt alle Dinge“ (1. Johannes 3:18-20, Luther). Wir mögen zwar von Selbstzweifeln bestürmt werden, aber wir können Trost aus der Tatsache gewinnen, dass unser himmlischer Vater weitaus großzügiger ist mit uns als seinen Kindern, als wir selbst es tief im Innern sind.

Wenn wir uns an den Geist der Worte des Apostels Johannes halten, können wir unsere nagenden Zweifel zerstreuen, indem wir uns fragen: Möchten wir in Haltung, Wort und Tat mehr wie unser himmlischer Vater und sein Sohn sein? Ist es unser Herzenswunsch, ihre Liebe nachzuahmen? Hat uns unser Glaube an Gott und Christus zu liebevollen, fürsorglichen Menschen gemacht?

Weil wir nur zugeschriebene Gerechtigkeit besitzen, ist unser Weg als Gottes Kinder jedoch nicht fehlerlos. Aufgrund unserer wiederholten Fehler mögen wir gelegentlich daran zweifeln, dass wir wirklich seine Kinder sind. Besonders Christen, die in der Vergangenheit schwer gesündigt haben, mögen von schweren Zweifeln über ihren Stand vor dem Allerhöchsten geplagt sein. Sie mögen unter der Last der Empfindung von Scham und Schuld leiden. Auch in diesem Fall muss man im Sinn behalten, dass unser himmlischer Vater bereitwilliger zu vergeben ist, als „unser Herz“ es tut.

Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Entscheidung, ein Leben in Sünde zu führen, und gelegentlichen Schwächen, dem machtvollen Verlangen der gefallenen menschlichen Natur nachzugeben. In seinem ersten Brief stellte der Apostel Johannes diesen Unterschied sehr deutlich heraus: „Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit. Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit … Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist. Und er ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.“ – 1. Johannes 1:5-2:2, Luther).

Unser himmlischer Vater „ist Licht“ – lauter, rein, heilig – im absoluten Sinne. Es gibt nicht den geringsten Anflug von Finsternis – Böses, Schlechtigkeit, Verderbnis, Ignoranz oder Unreinheit. Demgemäß ist es unvorstellbar, dass Gottes geliebte Kinder gewohnheitsmäßig in Finsternis wandeln (Unsauberkeit, Unreinheit und Verderbtheit). Und doch ist unser Wandeln im Licht nur ein erbärmlicher Widerschein der Heiligkeit unseres himmlischen Vaters. Wir brauche weiterhin die reinigende Macht des Blutes Jesu Christi, und dieses Blut reinigt uns von allen Sünden, das heißt von aller Verunreinigung, die aus unserem Versagen kommt, sich an den göttlichen Maßstab der Heiligkeit in Wort, Gedanken und Tat zu halten. Das ist so, weil Gott treu, verlässlich, vertrauenswürdig ist. Da er erklärt hat, dass Vergebung auf der Grundlage des vergossenen Blutes seines Sohnes möglich ist, können wir absolutes Vertrauen zu dem haben, was er gesagt hat. Der Allerhöchste ist auch recht oder gerecht. Er wird immer in Übereinstimmung mit dem handeln, als was er sich selbst offenbart hat. Er hat sich als vergebend und gnädig gegenüber reuigen Sündern gezeigt. So garantiert seine Gerechtigkeit, dass uns vergeben wird.

 

Gott gibt wohl die Zusicherung, dass das Blut seines Sohnes es ermöglicht, uns von allem Fehlverhalten zu reinigen, aber die Worte des Apostels dienen als Ermunterung für uns, nicht zu sündigen, sondern ein rechtes Verhalten zu bewahren. Und wenn wir doch sündigen, ist Hilfe in der Person des Parakleten, eines Helfers, Mittlers, Fürsprechers verfügbar. Dieser, Jesus Christus, erfreut sich einer innigen Beziehung zu dem Vater, und seine Gerechtigkeit ist absolut, nicht zugeschrieben. Weil er gerecht ist, wird sein Eintreten für reuige Sünder immer günstige Aufmerksamkeit bei seinem Vater erlangen.

MIT SCHMERZ UND WUT FERTIG WERDEN

Wenn jemand schwerwiegende Fehler in einer bestimmten Gruppe oder Bewegung entdeckt hat, mag er wütend werden und sich tief verletzt fühlen, weil er getäuscht wurde. Man mag geneigt sein, die Entscheidungen treffenden Mitglieder der Bewegung als finstere, vorsätzliche Manipulatoren anzusehen. Oft jedoch sind die unbeugsamsten Verteidiger einer bestimmten Organisation selbst bedauernswerte Opfer, die wie Familienmitglieder handeln, die einen alkoholsüchtigen Vater oder eine Mutter beschützen und bedecken. Selbst wenn man Kenntnis aus erster Hand über die darin verwickelten Einzelpersonen und ihre Verdrehung der Tatsachen hat, muss man vorsichtig sein, damit man seinen stärksten Gefühlen gegen Einzelpersonen nicht Luft lässt. Es besteht ein gewaltiger Unterschied, ob man aus echter Sorge um das Wohl anderer schwere Falschdarstellungen bloßstellt, oder ob man Einzelpersonen verurteilt. Das ganze abschließende Gericht ruht bei unserem himmlischen Vater und seinem Sohn.

Die Dynamik von Gruppen ist komplex. Der auf Einzelne ausgeübte Druck und die Beschränkungen sind in der Tat groß. Mit ein paar Ausnahmen scheint das Gewissen der Einzelnen in einem Zustand der Wartehaltung zu sein, und oft wird vernünftige Argumentation durch Gefühle ersetzt. Niemand scheint die Verantwortung für Gruppenentscheidungen (die nicht einmal einstimmig fallen mögen) und für ihre negativen Auswirkungen zu übernehmen wollen. Das Kollektiv nimmt eine Persönlichkeit für sich und eine Macht an, die größer als die Summe ihrer Teile ist. Im Kollektiv, ob es ethnisch, national, stammesmäßig, religiös oder kommerziell ist, wird alles dem untergeordnet, was  als seine Interessen, ob wirkliche oder eingebildete, wahrgenommen wird. In seiner extremen Form begeht das gewissenlose Kollektiv Scheußlichkeiten. Und doch mögen die beteiligten Einzelnen sich nicht als widerwärtiger Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig sehen. So mögen Menschen als Mitglieder einer Gruppe ohne Mitleid und auf eine Weise handeln, die für sie als Einzelpersonen unmöglich wäre.

Ein hervorragender Verfechter der christlichen Freiheit, der Apostel Paulus, befand sich als eifernder Jude, der gegen eine von ihm so wahrgenommene Bedrohung kämpfte – die wachsende Anzahl aus seinem eigenen Volk, die Jesus als den verheißenen Messias angenommen hatten –, in diesem bedauernswerten Zustand. Es wäre leicht gewesen, den bösartigen Verfolger als entsetzlichen, gnadenlosen Menschen zu verurteilen, der den Tod verdiente. Was mit ihm geschah, sollte uns jedoch Gelegenheit zu einem ernsthaften Nachdenken bei jedem geben, der uns falsch behandeln mag.

Unser Meister rief uns auf, für die zu beten, die uns schaden wollen, nicht unserem bösen Willen gegen sie freien Lauf zu lassen (Matthäus 5:44, 45). Stephanus beherzigte die Lehre Christ und bat inständig: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apostelgeschichte 7:60, Einheitsübersetzung). Die mitfühlende Bitte des sterbenden Stephanus wurde beantwortet, wie Pauli eigene Worte bestätigen: „… mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben.“ – 1. Timotheus 1:13, Luther.

ALLEIN, ABER NICHT VERLASSEN

Wenn wir uns sehr allein fühlen, können wir großen Nutzen daraus ziehen, darüber nachzudenken, wovor Diener des Allerhöchsten in alter Zeit standen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist das eines jungen Mädchens. Gefangen von einer syrischen Plündererbande, fand sie sich von allem weggerissen, was ihr lieb war – von der Familie, von Freunden und der vertrauten Umgebung – und eingeschränkt auf die Stellung als Sklavin im Hause von Götzendienern. Der biblische Bericht schweigt zwar über den Tod und die Zerstörung, den die syrische Plündererbande in ihrem Gefolge hinterlassen haben mag, oder was mit ihren Eltern geschah oder auch nicht, aber es besteht wenig Zweifel, dass dieses junge Mädchen Zeugin entsetzlicher Szenen wurde. Und im Vergleich zu dem, was ein Christ heute an Trost und Ermunterung hat, hatte sie sehr, sehr wenig.

Dennoch behielt sie ihren Glauben an Gott und bemerkenswerterweise einen Geist tiefen Mitleids für einen Mann, der ein prominenter Vertreter eben jenes Volkes war, das für die entsetzliche Tragödie verantwortlich war, die sie und ihre Eltern befiel.

Der Mann war Naaman, Befehlshaber der Armee des syrischen Königs. Er war von einer abscheulichen, entstellenden Krankheit befallen, mit der er in Israel in Isolation hätte leben müssen. Bewegt von Mitleid, hatte das israelitische Mädchen den großen Wunsch, er möge von seiner schrecklichen Krankheit geheilt werden, und sagte zu seiner Frau: „Wäre mein Herr doch bei dem Propheten in Samaria! Er würde seinen Aussatz heilen.“ – 2. Könige 5:3, Einheitsübersetzung.

Der Glaube dieses namenlosen jungen Mädchens funkelt wahrhaft wie ein kostbarer Edelstein, denn sie war eine Ausnahme unter den Israeliten ihrer Tage, von denen die überwiegende Mehrzahl keine Achtung vor Jehova oder seinem Propheten hatte und stattdessen leblose Götzen verehrte. Man stelle sich ihre Freude vor, als sie sah, dass ihr Glaube belohnt wurde! Naaman kehrte geheilt aus Israel zurück und noch wichtiger, als demütiger Anbeter des wahren Gottes.

Wer hätte sich solch einen Ausgang von etwas vorstellen können, was als schreckliche Tragödie begann! Wie im Falle von Joseph, der nicht von Jehova verlassen wurde, als er in die Sklaverei verkauft wurde, war auch dieses Mädchen nicht verlassen. Niemals, nein, niemals wird unser himmlischer Vater jemanden verlassen, der ihm gegenüber loyal ist. – Psalm 27:10; Römer 8:38, 39.

Dann kann uns Alleinsein auch von Nutzen sein. Wir mögen finden, dass wir mehr Zeit haben, die Schrift zu lesen und nicht abgelenkt nachzudenken, und das bringt uns unserem himmlischen Vater näher. Im Falle von Joseph stellte seine Erfahrung mit Versklavung und Gefangennahme seinen Glauben an Gottes Wort, das ihm durch prophetische Träume übermittelt wurde, auf die Probe (Psalm 105:17-19). Zweifellos weil Joseph unter Prüfung seinen Glauben bewahrte, blieb sein Vertrauen in Gottes Verheißung gegenüber Abraham das ganze Leben lang stark. Seine letzten Worte waren ein Ausdruck des Glaubens: „Ich muss sterben. Gott wird sich euer annehmen, er wird euch aus diesem Land heraus- und in jenes Land hinaufführen, das er Abraham, Isaak und Jakob mit einem Eid zugesichert hat“ (1. Mose 50:24, 25, Einheitsübersetzung; Hebräer 11:22). Jahre später, während Israels Wanderung in der Wildnis, waren Josephs Gebeine ein stilles Zeugnis für den Glauben, den die Menschen an die sichere Erfüllung der göttlichen Verheißung hätten haben sollen (2. Mose 13:19; Josua 24:32). Alleinsein muss man daher nicht fürchten, man kann es aber als etwas ansehen, das zu unserem geistigen Vorwärtskommen beitragen kann. – Vergleiche Jakobus 1:2-4, 12.

ANSTRENGUNG

Um geistig zu wachsen, müssen wir sicherstellen, dass unsere Grundlage fest ist. Der Apostel Paulus wies auf diese Grundlage hin und schrieb: „Das Fundament ist gelegt: Jesus Christus. Niemand kann ein anderes legen“ (1. Korinther 3:11, Die Gute Nachricht). Unser Ziel sollte sein, einen starken Glauben aus erster Hand zu haben, der auf unserer persönlichen Prüfung der in den Evangelienberichten enthaltenen Beweise beruht.

Einige, die durch die Behandlung verbittert wurden, die sie von Mitgliedern einer bestimmten Gruppe erfuhren, erwogen oder erwägen nicht sorgfältig das Zeugnis von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Vielleicht äußern sie den Glauben, dass Jesus Gottes Sohn ist, aber sie haben keine starke eigene Überzeugung, die sich auf die Beweise gründet, und werden leicht von unbiblischen Lehren beeinflusst. Ein Christ sagte zu einem jungen Mann in dieser Situation: „Wenn Sie aufgrund der Beweise in Matthäus, Markus, Lukas und Johannes überzeugt sind, dass Jesus von den Toten auferweckt wurde, was Ihnen unleugbar beweist, dass er wirklich der Sohn Gottes ist, dann sollten sein Beispiel und seine Lehren die Art, wie Sie Ihr Leben führen, beherrschen.“ Eher fasziniert von den mythischen Aspekten östlicher Religionen, fegte dieser junge Mann diese Bemerkung beiseite, er meinte, dass mehr enthalten sein müsse. Fast zwanzig Jahre später ließ er den Dingen immer noch ihren Lauf und war nicht bereit, den Evangelienbericht zu seinem Herzen sprechen zu lassen und darauf mit Glauben zu reagieren.

Personen, die in einer Bewegung, die christlich zu sein behauptet, übel zugerichtet wurden, sind verletzlich. Sie können es sich schlecht leisten, keine Anstrengungen zu unternehmen, um ihren Glauben zu stärken.

Vielen fällt es nicht leicht, die Schrift direkt zu ihnen sprechen zu lassen. Lange an die wiederholte Verwendung und an das Hören immer derselben Abschnitte gewöhnt, mögen sie es als schwer empfinden, jedes Bibelbuch als Ganzes zu betrachten, wobei die vertrauten Verse nur ein kleiner Teil der Botschaft sind, die unser himmlischer Vater uns durch seine inspirierten Schreiber vermittelte. Nicht selten mag die frühere Verwendung isolierter Texte jemanden veranlassen, die wichtige Beziehung der einzelnen Passagen mit den vorhergehenden und den folgenden Worten nicht mitzubekommen.

Nach über fünfzig Jahren kam ein Christ zu der Erkenntnis, wie schädlich es ist, wenn man wiederholt isolierte Texte verwendet, und gab demütig zu: „Ich kenne viele Passagen, aber ich kenne nicht den Textzusammenhang.“

Der Mann erkannte seinen wahren geistigen Zustand und war entschlossen, dem Abhilfe zu schaffen. Jeden Morgen liest er einen Teil in der Bibel und denkt darüber nach, er ist bestrebt, so vertraut mit dem Geschriebenen zu werden, dass er in der Lage ist, das, was er gelesen hat, mit eigenen Worten wiederzugeben.

 

Sein Fall veranschaulicht, dass man sich erst seines geistigen Mangels bewusst werden muss. Wenn sie das Bedürfnis einmal erkannt haben, sind viele bewegt, den Schöpfer um Hilfe zu bitten. Unter ihnen ist jedoch eine erhebliche Anzahl von Personen, die aufhören, sich zu bemühen. Typisch ist der Fall eines jungen Familienvaters, der durch seine Religion ernüchtert wurde und begann, bestimmte Lehren anzuzweifeln. Er wollte Antworten von einem Christen haben, den er sehr achtete. Dieser Christ ermunterte ihn, durch eine regelmäßige und gebetsvolle Betrachtung des Wortes Gottes selbst sein geistiges Leben in die Hand zu nehmen und sich nach und nach von der Schrift belehren zu lassen. Für diesen Familienvater schienen die Anforderungen, den Lebensunterhalt zu verdienen, für eine Wohnung zu sorgen und zwei schwierige kleine Jungen aufzuziehen, zu groß zu sein, als dass er noch in der Lage war, dieser Empfehlung zu folgen. Ehe er ernüchtert wurde, hatte er jeden Monat etwa dreißig Stunden mit der Tätigkeit für die religiöse Bewegung verbracht. Und doch sah er es als zu viel an, etwas für sein eigenes geistiges Wohl und das seiner Familie zu tun und hin und wieder, wenn er es wollte, auf Gottes Wort zu hören. Tragischerweise wurde er dann ganz von den Alltagsdingen aufgesogen. Etwa zwanzig Jahre später schien jeder Glaube, den er vielleicht gehabt hatte, tot gewesen zu sein. Er stellte ernsthaft in Frage, ob es überhaupt einen liebevollen himmlischen Vater gebe.

Wenn jemand erkennt, dass er geistig verarmt ist, und dies zum Thema seiner Gebete macht, ergibt sich erst dann ein geistig erfülltes Leben, wenn er bereit ist, in Übereinstimmung mit seiner Bitte zu handeln. Das wird deutlich im Bibelbuch Sprüche gesagt: „[Wenn du] der Weisheit Gehör schenkst, dein Herz der Einsicht zuneigst, wenn du nach Erkenntnis rufst, mit lauter Stimme um Einsicht bittest, wenn du sie suchst wie Silber, nach ihr forschst wie nach Schätzen, dann wirst du die Gottesfurcht begreifen und Gotterkenntnis finden.“ – Sprüche 2:2-5, Einheitsübersetzung.

Zwar mag jemand große Probleme mit dem Lesen und folglich beschränktes Begriffsvermögen haben, aber er muss nicht unbedingt das Nachsehen haben. Viele sind dadurch, dass sie wiederholt zugehört haben, wie die Bibel vorgelesen wird (zum Beispiel durch Audiokassetten), und dann über das Gehörte nachgedacht haben, geistig bereichert worden. Tatsächlich wurden die Christen des ersten Jahrhunderts durch Zuhören mit dem Inhalt der inspirierten Schriften vertraut, nicht durch Lesen.

DIE VERWENDUNG EINER ANZAHL VON ÜBERSETZUNGEN

Wegen der Vertrautheit mit den Worten und Wendungen einer bestimmten Übersetzung mag jemand in die Falle geraten, nur Worte zu lesen oder zu hören. Etwas, das vielen geholfen hat, dies auf ein Minimum zu reduzieren, ist, denselben Bericht in  mehreren Übersetzungen zu betrachten (möglicherweise sogar in Ausgaben in Sprachen, in denen sie nicht so bewandert sind wie in ihrer Muttersprache). Wenn man denselben Abschnitt in einer Vielzahl von Übersetzungen liest, wird wahrscheinlich die Aufmerksamkeit mehr durch Gedanken, die anders als in den vertrauten Begriffen und Wendungen ausgedrückt sind, gefesselt.

Zwar ist keine Übersetzung vollkommen, aber man muss nichts befürchten, wenn man die verschiedenen gebräuchlichen Übersetzungen liest oder ihnen zuhört. Meistenteils  waren die Übersetzer sich der Bedeutung ihrer schwierigen Aufgabe deutlich bewusst und sind entsprechend vorgegangen. Wie aus einer Untersuchung ihrer Vorworte ersichtlich wird, unterscheiden sich Übersetzer in ihrem Ansatz und Ziel. Einige umschreiben den Text oder bieten eine sehr freie Wiedergabe. Diese Versionen mögen für ein ernsthaftes Studium nicht passend sein, aber sie können nützlich sein, um eine allgemeine Übersicht über ein bestimmtes Bibelbuch zu erlangen.

Ob man eine mehr oder eine weniger buchstäbliche Methode wählt, Übersetzer stehen vor der Herausforderung, so viel von der Ausstrahlung des Originals zu bewahren, wie es möglich ist, ohne die Bedeutung in einer anderen Sprache zu verhüllen. Damit die Menschen Nutzen daraus haben, müssen sie in der Lage sein, zu verstehen, was sie lesen oder was ihnen vorgelesen wird. Für viele Christen im ersten Jahrhundert unterschied sich die Situation wenig von derjenigen der Mehrzahl heute. Sie verstanden den hebräischen Text nicht und verließen sich auf eine Übersetzung (die Septuaginta). Noch vorhandene Manuskripte dieser griechischen Version enthalten in einigen Texten eine Wortwahl, die sich merklich von denjenigen in den bestehenden hebräischen Texten unterscheiden. Aber die Botschaft ist doch dieselbe, und christliche Leser oder Hörer des griechischen Textes erfreuten sich desselben Standes vor dem Allerhöchsten wie ihre Brüder, die Hebräisch verstanden.

So wie das Hebräische und das Griechische sich spürbar voneinander unterscheiden, tun es die meisten der Sprachen, in die die Bibel übersetzt worden ist. Was die Sache noch schwieriger macht, ist das Fehlen jeglicher Interpunktion in den alten Texten, und man muss entscheiden, wo Sätze enden, wo modifizierende Wendungen gesetzt oder punktiert werden müssen, oder wo ein sehr langer Satz in kürzere Sätze zerlegt werden muss, um ein leichteres Lesen und Verstehen zu ermöglichen. (Zum Beispiel bilden die Worte aus Epheser 1:3-14 im Griechischen nur einen Satz.) Da Übersetzer nicht dieselben Entscheidungen getroffen haben, kann einen das Lesen einer Anzahl von Übersetzungen für fragliche Bereiche aufmerksamer machen. Selbst wenn man in der Lage ist, den Originaltext mit recht gutem Verständnis zu lesen, mag man bestenfalls in der Lage sein, Gründe anzugeben, warum man eine Wahl besser findet als eine andere. Hätten wir andererseits den Apostel Paulus selbst sprechen hören und wären mit seinen Ausdrücken und allen Umständen, die ihn zu schreiben veranlassten, innig vertraut, wären wir in einer weitaus besseren Position, um die besseren Entscheidungen zu treffen, wenn wir seine Briefe übersetzen. Weil hier niemand eine eindeutige Autorität ist, vermeiden wir es weise, um Einzelheiten herumzustreiten. Wir sollten uns immer auf das konzentrieren, was dazu beiträgt, dass wir einen stärkeren Glauben haben und liebevolle, gehorsame Kinder in Gottes Familie sind.

Was, wenn jemand ein Problem mit einer speziellen Wiedergabe hat? Hebräisch, Aramäisch und Griechisch zu lernen, ist für die meisten Christen nicht möglich. Verwendet man jedoch Interlinearübersetzungen, kann man feststellen, ob eine gewisse Lesart signifikant von dem abweicht, was in existierenden Bibelmanuskripten enthalten ist. Oft geben Übersetzer Alternativlesarten in Fußnoten an, auch diese können Grundlage für eine Bewertung sein. Die Fußnoten im Tanach (einer Übersetzung der Hebräischen Schriften durch die Jewish Publication Society) richten unsere Aufmerksamkeit in außergewöhnlicher Weise auf Stellen, wo Unsicherheit besteht, wie ein hebräischer Text wiedergegeben werden sollte. Zusätzlich können Publikationen, die dazu bestimmt sind, Übersetzern zu helfen (wie sie bei den Vereinigten Bibelgesellschaften oder der landesweiten Bibelgesellschaft verfügbar sind), wertvolle Einsichten liefern und zu einem besseren Verständnis der Schrift beitragen.

Ein Aspekt, der für einige Bibelübersetzer zu einer größeren Sorge wird, ist die Hereinnahme des göttlichen Namens. Everett Fox, Übersetzer der Schocken Bible, erklärt seine Haltung wie folgt:

„Der Leser wird sofort bemerken, dass der Eigenname des Gottes der Bibel in diesem Band als YHWH [deutsch: JHWH] erscheint. Das ist so ziemlich die übliche Gelehrtenpraxis, aber sie zeigt nicht, wie der Name ausgesprochen werden sollte. Ich würde beim lauten Lesen die Verwendung des traditionellen ‚der Herr’ empfehlen, aber andere mögen ihrer eigenen Gewohnheit folgen wollen. Wenn man YHWH sieht, mag das zuerst in die Augen stechen, aber es hat den Vorteil, sich der Situation des hebräischen Textes, wie wir ihn jetzt haben, nahe zu kommen und die ungelöste Frage der Aussprache und der Bedeutung des Namens Gottes offen zu lassen … Geschichtlich gesehen neigten jüdische und christliche Übersetzungen der Bibel ins Englische dazu, mit einigen Ausnahmen (besonders Moffats ‚Der Ewige’) ‚Herr’ zu verwenden. Sowohl frühere als auch heutige Versuche, die ‚korrekte’ Aussprache des hebräischen Namens wiederherzustellen, haben keinen Erfolg gehabt; weder das manchmal zu hörende ‚Jehova’ noch das bei Gelehrten übliche ‚Jahwe’ lassen sich schlüssig beweisen.“

Ähnlich erklärt der Autor von A Translator’s Handbook on the Book of Psalms (Copyright 1991 by United Bible Societies):

„Obwohl es weder in der RSV noch der TEV verwendet wird, erscheint ‚Yaweh’ häufig im Text dieses Lehrbuchs. ‚Yaweh’ steht für den richtigen hebräischen Namen Gottes, YHWH (vier Konsonanten ohne Vokale), deren genaue Ableitung und Bedeutung umstritten sind (siehe 2. Mose 3.14-15;6.2, 3) … Im Text des Kommentars haben die Verfasser dieses Lehrbuchs gemeint, dass der Übersetzer sich der Tatsache bewusst sein sollte, dass die Anrede ‚HERR’ nicht eine Übersetzung des richtigen hebräischen Namens YHWH ist, nicht einmal als Anrede mit klein geschriebenen Großbuchstaben. Vielleicht wird die Zeit kommen, wo die Standardübersetzungen der Hebräischen Schriften, sowohl jüdische als auch christliche, eine Übertragung aus dem Hebräischen angeben werden und damit der Bible de Jérusalem folgen, die Yahvé (englisch ‚Yaweh’, portugiesisch Iahweh [deutsch Jahwe]) als richtigen Namen des Gottes Israels liest.“

Was die im ersten Jahrhundert verfassten Bibelbücher betrifft, so gibt es keinen erhaltenen griechischen Manuskriptbeweis, dass der Name in irgendeinem Teil (Matthäus bis Offenbarung) vorkam. Bezüglich der Möglichkeit, dass dies in den Originaltexten der Fall war, wenn aus dem hebräischen Text zitiert wurde, schreibt George Howard (in A Hebrew Gospel of Matthew, 1995):

„Dass der göttliche Name in Schem-Tows Matthäus [enthalten in seinem Traktat Even Bohan, einer Polemik aus dem 14. Jahrhundert, die Juden helfen sollte, ihren Glauben zu verteidigen] vorkommt, stützt die Schlussfolgerungen, zu denen ich in einer früheren Studie über das Tetragrammaton im Neuen Testament kam, gestützt auf meine Beobachtungen der Verwendung des göttlichen Namens in der Septuaginta und in den Schriftrollen vom Toten Meer. Einige vorchristliche Ausgaben der Septuaginta beispielsweise enthalten den göttlichen Namen als in den griechischen Text hineingeschrieben … In meiner früheren Studie kam ich zu dem Schluss, die Schreiber des Neuen Testamentes, die Zugang zu diesen Ausgaben der Septuaginta hatten, hätten das Tetragrammaton vielleicht in ihren biblischen Zitaten aus der Septuaginta bewahrt. Jetzt bezeugt Schem-Tows Matthäus die Verwendung des göttlichen Namens im Neuen Testament … [Es] ist sehr unwahrscheinlich, dass Schem-Tow den göttlichen Namen in seinen Text einfügte. Kein jüdischer Polemiker hätte das getan. Aus welcher Zeit dieser Text auch immer stammt, er muss den göttlichen Namen von Anbeginn enthalten haben. Eine abschließende Anmerkung bezüglich des göttlichen Namens: Schem-Tows Matthäus zeigt in Bezug auf seine Verwendung eine sehr konservative Haltung. Der Verfasser dieses Textes war kein radikaler Christ, der sein Evangelium willkürlich mit dem Tetragrammaton versah. Seine Haltung war die von Scheu und Respekt. Tatsächlich entspricht seine Verwendung des göttlichen Namens der konservativen Praxis in der Septuaginta und in den Schriftrollen vom Toten Meer.“ [Zur Beachtung: Schem-Tows Matthäus verwendet jedoch nicht YHWH, sondern einmal „der Name“ und achtzehn weitere Male eine abgekürzte Form davon.]

Zu welchen Schlussfolgerungen man auf der Grundlage solcher Beweise bezüglich des geschriebenen Textes der Schriften des „Neuen Testamentes“ auch kommen mag, es besteht kein Grund für Zweifel, dass Jesus, wenn er den Namen seines Vaters in der Schrift sah, gemäß der Aufzeichnung gelesen und gleiches getan hätte, wenn er Passagen aus dem Gedächtnis anführte. Es war jedoch die enge Vater-Sohn-Beziehung, die Jesus zum Ausdruck brachte, wenn er Gott seinen Vater nannte, die die ungläubigen Juden in Wut brachte (Johannes 5:17, 18). Er sprach Gott wiederholt als Vater an und lehrte seine Jünger, dasselbe zu tun (Matthäus 6:9; Johannes 14:1- 17:26). Wenn daher der göttliche Name wirklich in den griechischen Originalhandschriften des „Neuen Testamentes“ auftauchte, wäre dies verständlicherweise nicht häufig gewesen, wobei die Betonung auf der Sohnschaft der Jünger Jesu läge.

Obwohl die Psalmen Gebete sind, beginnt nicht ein einziger von ihnen mit den Worten: „Unser Vater.“ Nur einmal, in einem Zusammenhang, wo es um den Bund mit David geht, wird der Ausdruck „mein Vater“ verwendet (Psalm 89:26; vergleiche 2. Samuel 7:14 und 1. Chronika 22:10). Die Vertrautheit, die sich in der Anrede Gottes als „Abba, Vater“ widerspiegelt, wurde erst Wirklichkeit, als Jesus diese Sohnesbeziehung ermöglichte, indem er sein Leben als Opfer niederlegte (Römer 8:15, 16). Folglich würde die „willkürliche“ Hereinnahme des göttlichen Namens in irgendeine Übersetzung des Neuen Testamentes (wenn es sich nicht um direkte Zitate aus den Hebräischen Schriften handelt, die unmissverständlich auf den Vater hinweisen, oder in Wendungen wie „das Wort JHWHs“ und „der Engel JHWHs“) diese höchst kostbare Beziehung verhüllen und in bestimmten Textzusammenhängen klare Hinweise auf den Herrn Jesus Christus verzerren.

ANDERE QUELLEN

Die Mittel für die Durchführung eines Studiums der Bibel sind Legion. Tausende von Kommentaren sind in Englisch und anderen Sprachen veröffentlicht worden, und es gibt zahlreiche Studienbibeln, Lexika und eine große Vielzahl anderer Nachschlagewerke. Viele geben hilfreiche Einsichten, sie öffnen die Tür zu produktivem Nachdenken und tragen zu einem verbesserten Verständnis der Botschaft der Bibel bei. Andere jedoch, beeinträchtigt durch Dogmatismus, wilde Vermutungen und theologische Vorstellungen, die dem einfachen Christentum fremd sind, sind von sehr minderem Wert. Wenn einzelne Christen einmal die Botschaft der Bibel durch sorgfältige Betrachtung der Schrift in sich aufgenommen haben, sind sie in einer weitaus besseren Position, um bei der Auswahl und der Verwendung von Nachschlagewerken umsichtig zu sein. Der schiere Umfang dessen, was verfügbar ist, und die große Kluft in der Qualität des Geschriebenen machen eine Auswahl unabdingbar.

Kein Nachschlagewerk sollte etwas anderes sein dürfen als das, was es ist – ein Spiegelbild begrenzter menschlicher Erkenntnis. Ernest Best traf im Vorwort zu seinem neuen Kommentar über den Epheserbrief folgende Beobachtungen:

„Jede Exegese [Exposition oder kritische Auslegung eines Textes] wird durch die Situation derer bestimmt, die schreiben. Sie werden den Text, an dem sie arbeiten, notwendigerweise vom Blickwinkel des Zeitalters sehen, in dem sie leben, und das mag sie dazu führen, neue Aspekte in ihm zu sehen und neue Fragen an ihn zu stellen. Sie werden auch durch die Ergebenheit zu ihrer Kirche, wenn sie in einer sind, beeinflusst … Die getönten Brillen, die wir tragen, gewöhnlich ohne es zu erkennen, wirken sich auf die Art und Weise aus, wie wir Texte lesen.“

Da es Beschränkungen bei dem gibt, was Menschen geschrieben haben, sind wir weise, wenn wir uns durch den in der Schrift dargelegten Grundsatz leiten lassen: „Denn Stückwerk ist unser Erkennen“ (1. Korinther 13:9, Einheitsübersetzung). Ein waches Bewusstsein für die Stückwerknatur aller menschlicher Erkenntnis kann uns davon abhalten, bloße Behauptungen aufzustellen oder die Vermutungen, Theorien oder Auslegung anderer als Tatsachen zu akzeptieren.

EIN ÜBERFLUSS

In den Seiten des Wortes Gottes werden ehrfürchtige Menschen alles finden, das notwendig ist, damit sie geistig blühen, vorausgesetzt, sie erkennen, dass die ganze Schrift für sie von Nutzen sein kann (2. Timotheus 3:16). Die Frage, die wir als einzelne entscheiden müssen, ist, wie viel von dem unerschöpflichen Schatz wir anzapfen möchten.

Ein Beispiel für jemanden, der durch sein sorgfältiges Studium des Wortes Gottes sehr bereichert wurde, war der begabte englische Mathematiker und Physiker Sir Isaac Newton. Er begann sein Bibelstudium, als er noch keine zehn Jahre alt war, und fuhr fort, sie täglich bis zu seinem Tode mit 85 Jahren zu lesen. Auf der Grundlage seiner Betrachtung der Schrift schrieb er mehr als eine Million Worte, von denen die Mehrzahl nie veröffentlicht wurde. Dasjenige Buch, das 1733 gedruckt wurde, sechs Jahre nach seinem Tod, offenbart seine tiefe Wertschätzung für Gottes Wort und seinen festen Glauben, dass sich Menschen nicht von irgendwelcher menschlichen Macht hindern lassen sollten, die Schrift direkt zu ihnen sprechen zu lassen. Er schrieb:

„Die Macht von Kaisern, Königen und Fürsten ist die von Menschen. Die Macht von Konzilien, Synoden, Bischöfen und Presbytern ist die von Menschen. Die Macht von Propheten ist die von Gott und umfasst die Summe der Religion, wenn man Moses und die Apostel zu den Propheten rechnet; und wenn ein Engel vom Himmel ein anderes Evangelium predigt als das, was sie überliefert haben, dann sei er verflucht. Ihre Schriften enthalten den Bund zwischen Gott und seinem Volk, mit Anweisungen, wie der Bund zu halten sei; Fälle, wo Gott die richtete, die ihn brachen; und Vorhersagen der künftigen Dinge. Wenn das Volk Gottes den Bund einhält, bleibt es sein Volk; wenn es ihn bricht, hört es auf, sein Volk oder seine Kirche zu sein und wird zur Synagoge Satans, die sagen, sie seien Juden, sind es aber nicht. Und keine Macht auf Erden ist bevollmächtigt, diesen Bund zu ändern.“

Jedes Buch der Bibel muss als Ganzes untersucht werden, damit man nicht einzelne Passagen ohne Übereinstimmung mit dem Textzusammenhang verwendet. Das schließt ihr geschichtliches Umfeld und die Zuhörerschaft ein, an die die Worte ursprünglich gerichtet waren. Zu diesem Zweck sollte man im Sinn behalten, dass die Einteilungen in Kapitel oft nicht an den besten Stellen vorgenommen sind. Es ist also ratsam, sie als nicht vorhanden zu behandeln, wenn man die Schrift liest, dass man vorzugsweise nur an Stellen einhält, wo sich wirklich der behandelte Gegenstand ändert. Christen dient das Studium der Schrift als Ganzes als bester Schutz gegen Irrlehren, und wenn man die Belehrung anwendet, macht sie sie wirklich weise, edel, mitfühlend und liebevoll.

B.F. Westcott schrieb in seinem Buch The Bible in the Church folgenden scharfsinnigen Kommentar:

„Keine Versuchung ist unterschwelliger oder mächtiger als die, die uns auffordert, alles an einem Maßstab zu messen. Praktisch sind wir geneigt, andere an uns selbst zu messen; andere Zeitalter an unserem eigenen; andere Formen der Zivilisation an der, in der wir leben – als wahren und endgültigen Maßstab von allem. Gegen diesen Irrtum, der genügt, um fast die ganze Welt zu verdunkeln, enthält die Bibel den sichersten Schutz. Darin sehen wir Seite an Seite, wie Gott  eine Wohnung unter den Nationen und Familien in jeder sozialen Entwicklungsstufe findet und treue Anbeter erkennt, selbst wenn sie vor den Augen der Propheten verborgen sind. Die in Anspruch nehmenden Sorgen des Alltagslebens, die herrischen Ansprüche derer, die unmittelbar um uns sind, neigen unsere Sympathien zu verengen, aber die Bibel zeigt uns in fortdauerndem Bericht jedes Verhältnis und jede Macht von Menschen, die durch den göttlichen Geist gesegnet sind. Sie enthebt uns dem Kreis der täglichen Einflüsse und führt uns Propheten und Könige und tiefe Denker und Prediger der Gerechtigkeit ein, von denen jeder jeweils in seiner eigenen Sphäre wirkt, doch getrieben von einer Macht und zu einem Ziel. Man mag einwenden, fromme Erforscher der Bibel hätten sich oft als die unerbittlichsten Fanatiker erwiesen. Doch die Antwort ist leicht. Sie waren Fanatiker, weil sie nicht die ganze Bibel erforschten, sondern nur einen Teil davon, dem alles andere geopfert wurde. Wenn man nur einen Teil lehrt, den man ohne Rücksicht auf seine relative Stellung zu anderen Zeiten und anderen Büchern herausnimmt, dann kann das zu Engstirnigkeit führen, aber das Ganze erkennt und erhöht alles Ausgezeichnete im Menschen.“

GEMEINSCHAFT

Dass Kinder Gottes Gemeinschaft mit Mitgläubigen haben möchten, ist nur natürlich. Die Wurzel für eine Gemeinschaft muss jedoch in unserer Beziehung zu unserem himmlischen Vater und seinem Sohn liegen. Unsere Herzen müssen weit genug sein, um alle zu umfassen, die Jesus Christus als ihren Herrn anerkennen und Gott als den einen erkennen, der ihn von den Toten auferweckte, und danach streben, in Wort, Einstellung und tat Nachahmer Gottes und Christi zu sein. – Römer 10:9, 10; Galater 5:13-26; Epheser 4:17-6:10; 1. Johannes 1:5-5:21.

Wegen der überkommenen Mentalität, die in allen Jahrhunderten bewahrt wurde, sind viele nicht in der Lage, jemand anderen völlig anzunehmen, der nicht durch ihren jeweiligen Gruppenmaßstab gutgeheißen wird. Daher wird es immer ihr Ziel sein, andere Mitglieder ihrer Bewegung – ob eine Religionsgemeinschaft oder nicht – werden zu lassen. Leider macht dieser Sektengeist es ihnen schwer, Menschen als Kinder Gottes zu akzeptieren, die nicht ihrer Bewegung angehören, und oft beschränkt sie das auf eine Gemeinschaft, die ihre Liebe einengt und ihr geistiges Wachstum hemmt.

Sie sind ganz so wie viele Jünger von Johannes dem Täufer. Obwohl Johannes deutlich Jesus als Bräutigam kenntlich machte, ließen sie zu, dass ihre eigene Ergebenheit für Johannes mit ihrer Annahme Christi und seiner Jünger in Konflikt geriet (Markus 2:18-22; Johannes 3:25-30). Selbst nach der Verhaftung und dem Tod von Johannes blieben sie als Gruppe von Jesu Anhängern getrennt. – Matthäus 11:2-5; Apostelgeschichte 19:1-7.

Welche Form der Sektengeist auch annehmen mag, er ist geistig abträglich, und alle, die loyale Jünger Jesu Christi sein wollen, müssen ihm widerstehen. Als sich unter den Korinthern im ersten Jahrhundert die Zersplitterung angeblicher Gläubiger in einzelne Gruppen zeigte, stellte der Apostel Paulus dies als ungeistig, kindisch und schädlich bloß. – 1. Korinther 1:10-13; 3:1-9, 21-23; 11:17-34.

Die Geschichte bestätigt, ein wie großes Übel der Sektengeist sein kann. Paul Johnson schreibt in seinem Buch A History of Christianity:

„Calvinisten hielten Lutheraner für praktisch unreformiert, für Anhänger Roms in frommer Verkleidung. Die Lutheraner gaben nicht zu, dass der Calvinismus eine ‚legale’ Religion war. Sie bezeichneten Calvinisten als Wiedertäufer und meinten, ihre Leugnung der wahren Gegenwart [in den Symbolen von Brot und Wein] sei ein skandalöser Bruch des katholischen Glaubens. Einige Lutheraner wie Polycarp Leyser hielten calvinistische Irrlehren für schlimmer als die Roms … Alle drei Gruppen, Calvinisten, Lutheraner und Katholiken, beschuldigten die anderen, mit zweierlei Maß zu messen – Toleranz zu fordern, wenn sie schwach waren, zu verfolgen, wenn sie stark waren. Der Katholik Georg Eder schrieb 1579: ‚In Bezirken, die von Protestanten beherrscht werden, werden Katholiken nicht toleriert; sie werden öffentlich gedemütigt, von ihren Häusern und Ländereien vertrieben und mit ihren Frauen  und Kindern gezwungen, auszuwandern … Aber sobald katholische Mitgliedstaaten des Reiches in derselben Weise vorgehen … werden alle aufgestachelt, sind entrüstet, und der katholische Fürst wird beschuldigt, den Religionsfrieden zu brechen.’ Der Lutheraner Daniel Jaconi (1615): ‚Solange die Calvinisten nicht an der Macht sind … sind sie angenehm und geduldig; sie akzeptieren ein gemeinsames Leben mit uns. Aber sobald sie Herren der Lage sind, tolerieren sie nicht eine einzige Silbe der lutherischen Lehre.’ Georg Stobaeus Fürstbischof von Lavant, an Erzherzog Ferdinand von Österreich (1598): ‚Betraue mit der Verwaltung einer Stadt oder Provinz nur Katholiken; erlaube nur Katholiken, in den Versammlungen zu sitzen; veröffentliche ein Dekret, in dem gefordert werde, dass jeder sich schriftlich zum katholischen Glauben bekennt, und dränge sie im Falle der Weigerung, sich ein anderes Land zu suchen, wo sie leben und glauben können, wie sie wollen.‘“

Selbst heute noch hat dieser spaltende Geist nie völlig aufgehört, wie immer er im Besonderen zum Ausdruck kommt.

Viele Menschen erheben sich über die extreme Form des Sektengeistes, sind aber doch noch negativ beeindruckt von theologischen Ansichten, die sich nach dem ersten Jahrhundert entwickelten. Eine vorbehaltliche Lehrrichtung mag bewirken, dass sie nicht in der Lage sind, eine aufrichtige Wertschätzung für Christi Rolle, sie zum Vater zu führen, zu entwickeln (1. Petrus 3:18). Dadurch mögen sie sich nicht zu einer Familie zugehörig, als Söhne Gottes und Brüder Christi, sehen. – Galater 3:26-29; Hebräer 2:10-18.

Richtig zu erkennen, wer wir sind, kann uns daran hindern, eine Einzelperson oder Gruppe zu erhöhen und ihnen die Art von Lehrbefugnis zuzuerkennen, die ausschließlich Jesus Christus gehört. Kein Mensch hat das Recht, eine Vorrangstellung zu beanspruchen, denn allein Christus ist „der Erste unter vielen Brüdern“ (Römer 8:29, Die Gute Nachricht).

Als Einzelne sind wir Mitbrüder, die auf die Lehre unseres älteren Bruders hören. Einige von uns mögen seine Belehrung zwar etwas besser begreifen und wiederum besser in der Lage sein, Mitgläubige zu lehren, indem wir auf das aufmerksam machen, was er gelehrt hat, aber wir bleiben doch gemeinsam Lernende. Jede Gemeinschaft unter den Angehörigen der Familie der Kinder Gottes sollte mit Jesu Worten übereinstimmen: „Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein.“ – Matthäus 23:8-12, Einheitsübersetzung.

Die Lehre des Sohnes Gottes wird oft nicht zur Kenntnis genommen, und viel von dem, was heute die Bezeichnung „christlich“ trägt, wäre für die Apostel unbegreiflich. Das bedeutet nicht, dass die Versammlungen des ersten Jahrhunderts sich einer idealen Situation erfreuten. Das war nicht der Fall. Die inspirierten Briefe offenbaren, dass es schwerwiegende Probleme gab und jeder entscheiden musste, welche Art von Gemeinschaft für ihn geistig segensreich war oder nicht. – 2. Thessalonicher 3:6-15; ^2. Timotheus 2:20-22; 3:1-7; 4:1-4; 1. Johannes 2:18; Offenbarung 2:1-3:22.

Wenn es um Gemeinschaft geht, sind viele heute geneigt, an einen festen Ort oder eine bestimmte Zeremonie zu denken. Sie mögen sich daran erinnern, dass Jesus gewohnheitsmäßig am Sabbat in die Synagoge ging und zu den jährlichen Festen in den Tempel. Doch damit identifizierte sich Jesus nicht mit einer bestimmten Abspaltung des Judentums oder zeigte an, dass er sie unterstützte. Dass er in einer Synagoge oder im Tempel unter den Anbetern war, verzerrte keineswegs seine wahre Identität, sondern bot Gelegenheiten, die Wahrheit über seinen Vater zu lehren. Heute jedoch mag die Mitgliedschaft in einer Bewegung, die bekundet, christlich zu sein, beinhalten, die Identität der Religionsgemeinschaft anzunehmen. Selbst Mitglieder „nichtkonfessioneller Kirchen“ nehmen eine Identität an, die sie von anderen absetzt, die Mitglieder konfessioneller oder nichtkonfessioneller Gruppen sind. Die Gottesdienste folgen gewöhnlich einer festgesetzten Liturgie und bieten für Fremde, die zu Besuch kommen, keine Gelegenheit, die versammelten Anbeter so anzusprechen, wie es der Apostel Paulus und andere in verschiedenen jüdischen Synagogen taten. – Apostelgeschichte 13:15-45; 14:1; 17:1-4, 10-12; 18:1-6, 19-22, 24-26.

Was für Paulus zählte, war, dass er in der Lage war, seine kostbare Hoffnung den versammelten Anbetern mitzuteilen. Wenn die Gelegenheit dazu in einer bestimmten Stadt einmal zu Ende ging, hörte er auf, dort in die Synagoge zu gehen, und schuf Vorkehrungen für Personen, die die gute Nachricht über Jesus Christus hören wollten (Apostelgeschichte 18:7-11: 19:8-10). Dennoch suchten Paulus und andere gläubige Juden es sich nicht wohlüberlegt aus, Ausgestoßene zu sein, was es ihnen schwer gemacht hätte, sich mit ihren Landmännern über die Schrift auszutauschen. Sie wussten jedoch, dass es zu ihrer Vertreibung aus der Synagoge führen konnte, dass sie Jünger des Sohnes Gottes waren, aber sie blieben ihm treu, egal was Mensche3n ihnen antun konnten (Matthäus 10:17; 23:34; Lukas 8:22; 21:12; Johannes 9:22; 12:42, 43; 16:2). Wer Wertschätzung für seinen Herrn hatte, reagierte auf Misshandlung wie die Apostel, die auf Befehl des Sanhedrin ausgepeitscht wurden. Sie „verließen den Rat voll Freude, weil Gott sie für wert gehalten hatte, für diesen hohen Namen zu leiden.“ – Apostelgeschichte 5:40, 41, Die Gute Nachricht.

Weil konfessionelle und nichtkonfessionelle Bewegungen häufig mit Gebäuden und darin ausgeführten Tätigkeiten identifiziert werden, verlieren viele die Tatsache aus den Augen, dass Äußerlichkeiten eigentlich einer früheren Vorkehrung der Anbetung angehören. Gegenüber einer Samariterin offenbarte Jesus, dass wahre Anbetung nicht von einem festen geographischen Ort oder einem Gebäude abhängt oder darauf beschränkt ist. „Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg [Gerisim, der Ort eines samaritanischen Tempels, der etwa anderthalb Jahrhunderte zuvor zerstört worden war] noch in Jerusalem [dem Ort des ursprünglichen Tempels und seines Ersatzes] den Vater anbeten werdet … Aber die Stunde kommt, und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist, und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ – Johannes 4:21-24, Einheitsübersetzung.

Da der Vater „Geist“ ist, will der Vater in geistiger Weise angebetet werden. Das Gesetz, das Israel gegeben wurde, war zwar mit einem zentralen Ort der Anbetung verbunden, der Zeremonien und Rituale beinhaltete, aber das sollte nur zeitweilig gelten. Durch Maleachi offenbarte der Vater in den Begriffen der damals bestehenden Anbetungsvorkehrung, dass die Zeit kommen würde, wo Nichtjuden vom einen Ende der Erde bis zum anderen ihn an ihrem jeweiligen Ort in annehmbarer Weise anbeten würden. „Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang steht mein Name groß da bei den Völkern, und an jedem Ort wird meinem Namen ein Rauchopfer dargebracht und eine reine Opfergabe; ja, mein Name steht groß da bei den Völkern“ (Maleachi 1:11, Einheitsübersetzung). Mit der Ankunft des Messias kam die „Stunde“ oder Zeit für diese Änderung. Für ein Kind Gottes ist Anbetung daher nicht etwas, wo man nach einem Ort Ausschau hält oder dorthin geht, um dort eine überlieferte Liturgie oder ein von einer menschlichen Autorität entworfenes Programm zu befolgen. Anbetung „im Geist und in der Wahrheit“ besteht nicht aus Äußerlichkeiten. Wenn man „in der Wahrheit“ ist, ist eine solche Anbetung echt, wirklich, nicht nur ein Lippenbekenntnis (Vergleiche 1. Johannes 3:18). Unser himmlischer Vater war eigentlich nie mit bloßer Zeremonie zufrieden – mit Festen, Fasten, Gebeten und Opfern –, denen die Liebe zu ihm und seinen Wegen fehlt, wie sie sich in mitfühlender Fürsorge für die Bedürftigen und Betrübten äußert (Jesaja 1:10-17). Damit unsere Anbetung „im Geist“ geschieht, müssen wir unbedingt anerkennen, wer er ist, und unsere höchste Achtung für ihn als unserem liebevollen Vater widerspiegeln, dem wir alles, was wir haben und sind, verdanken (Kolosser 1:12; 3:17; Offenbarung 4:11; 5:13; 15:3, 4; 16:5-7). Die Aufrichtigkeit unseres Lobpreises, unserer Danksagung und unserer Bitten, die wir an ihn richten, würde in unserem Alltagsleben sichtbar werden. – Jakobus 1:22-27.

Der Apostel Paulus ermunterte Mitgläubige: „Deshalb wollen wir, solange wir noch Zeit haben, allen Menschen Gutes tun, besonders aber denen, die mit uns im Glauben verbunden sind“ (Galater 6:10, Einheitsübersetzung). Wir dürfen nicht blind werden für die Bedürfnisse unserer Mitmenschen. Es ist unsere Pflicht, auf liebevolle, fürsorgliche Weise auf alle Menschen zu reagieren. Mitglieder im „Haushalt des Glaubens“ jedoch haben einen vorrangigen Anspruch. Als Mitglieder derselben geistigen Familie sind wir verpflichtet, einander in Zeiten der Not beizustehen. – Matthäus 25:34-40; Apostelgeschichte 9:36, 39; 1. Johannes 3:17, 18.

Wo sind die Kinder Gottes, denen gegenüber wir eine vorrangige Verpflichtung haben? Wo ist diese geistige Familie? Jesu Erklärung im Gleichnis vom Weizen und Unkraut liefert die Antwort: „Der Menschensohn ist’s, der den guten Samen sät. Der Acker ist die Welt. Der gute Same sind die Kinder des Reichs. Das Unkraut sind die Kinder des Bösen. Der Feind, der es sät, ist der Teufel“ (Matthäus 13:37-39, Luther). Demgemäß sind die wahren Kinder Gottes in der Menschenwelt zu finden, wo sie als echter Weizen inmitten von Unkraut wachsen. Sie sind jedoch nicht mit Hilfe von menschlich ersonnenen Maßstäben zu identifizieren, sie mögen sogar von irregeleiteten Menschen, die sich die Rolle von Unkrautziehern anmaßen, fälschlich als „Unkraut“ bezeichnet werden (Matthäus 13:24-30). So mögen die Kinder Gottes mit der gewöhnlich so genannten „sichtbaren Kirche“ in Verbindung stehen, die aus den verschiedenen konfessionellen und nichtkonfessionellen Gruppen besteht, die sich als christlich bekennen, oder es mögen Einzelpersonen sein, die keiner solcher Gruppe angehören.

Die Situation, in der sich Gottes Kinder befinden, unterscheidet sich wenig von der im alten Israel. Nicht alle waren Israeliten, Gottes Volk, im eigentlichen Sinn des Wortes. Der Prophet Elia war einmal so entmutigt, dass er meinte, er war im Zehnstämmereich der einzige Anbeter Jehovas. Was er nicht wusste, war, dass es einen treuen Überrest gab – „siebentausend in Israel […], alle Knie, die sich nicht vor Baal gebeugt haben“ (1. Könige 19:9-18, Neue-Welt-Übersetzung). Jahrhunderte später, nicht lange nach der Rückkehr eines Überrests aus dem Exil in Babylon, erwiesen sich viele nicht als echte Anbeter Jehovas. Dennoch fanden treue Israeliten andere, die mit ihnen die Liebe zum Schöpfer teilten, und ihre wechselseitige Gemeinschaft blieb bei unserem himmlischen Vater nicht unbemerkt.

Der Gegensatz zwischen bloßen Bekennern und echten Anbetern des Allerhöchsten wird im Buch Maleachi offenbart: „Was ihr über mich sagt, ist kühn, spricht der Herr. Doch ihr fragt: Was sagen wir denn über dich? Ihr sagt: Es hat keinen Sinn, Gott zu dienen. Was haben wir davon, wenn wir auf seine Anordnungen achten und vor dem Herrn der Heere in Trauergewändern umhergehen? Darum preisen wir die Überheblichen glücklich, denn die Frevler haben Erfolg; sie stellen Gott auf die Probe und kommen doch straflos davon. – Darüber redeten die miteinander, die den  Herrn fürchten. Der Herr horchte auf und hörte hin, und man schrieb vor ihm ein Buch, das alle in Erinnerung hält, die den Herrn fürchten und seinen Namen achten. Sie werden an dem Tag, den ich herbeiführe – spricht der Herr der Heere – mein besonderes Eigentum sein. Ich werde gut zu ihnen sein, wie ein Mann gut ist zu seinem Sohn, der ihm dient.“ – Maleachi 3:13-18, Einheitsübersetzung

Während viele ihre Anbetung verrichteten und neidisch darauf blickten, dass es den „Unreligiösen“ wohl erging, äußerten sich die, die eine tief empfundene Ehrfurcht vor Jehova hatten, darüber, wie sie empfanden. Weil sie mit den Psalmen und den Worten der Propheten vertraut waren, sprachen sie zweifellos über Aspekte der damaligen Lage und erbauten sich gegenseitig (Psalm 37 und 73; Jesaja 58:2-14). In ähnlicher Weise fand Jahrhunderte später die betagte Witwe Anna, der Gott das Vorrecht gab, Jesus als Kleinkind zu sehen, Personen, mit denen sie diese freudige Nachricht teilen konnte. Sie begann, „zu allen, die auf die Befreiung Jerusalems warteten, von dem Kind zu reden.“ – Lukas 2:36-38, Neue-Welt-Übersetzung).

Wenn wir auf die Fürsorge und Leitung unseres himmlischen Vaters vertrauen, können wir sicher sein, dass wir in der Menschenwelt andere finden werden, die vorbildliche, gehorsame Kinder sein wollen und sich über Gemeinschaft mit uns freuen. Wie Christen im ersten Jahrhundert können wir an einem Tisch gemeinsam essen, aus Gottes Wort lesen, über die Schrift sprechen, gemeinsam Lobpreis und Danksagung äußern, unsere Stimmen zum Lied erheben und in Erinnerung an das, was Jesus Christus für uns tat, als er sein Leben als Opfer niederlegte, als Glieder seines Leibes von dem einen Laib und dem einen Becher nehmen (Apostelgeschichte 2:46; 1. Korinther 10:16, 17; Epheser 5:19). Alle können einen Beitrag leisten, indem sie sich von Herzen äußern, nicht in der geschraubten Art, wie es in menschlichen Vorkehrungen gewöhnlich geschieht.

Der Apostel Pauls gab den leitenden Grundsatz an, um jede Zusammenkunft von Gläubigen zu einer glaubensstärkenden Erfahrung zu machen: „Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat eine Offenbarung, er hat eine Zungenrede, er hat eine Auslegung. Lasst es alles geschehen zur Erbauung!“ (1. Korinther 14:26, Luther). Unter Christen, die zur gegenseitigen Erbauung zusammenkommen, werden einige zeigen, dass Gott ihnen Fähigkeiten und Weisheit gegeben hat, und sie werden bereit und begierig sein, den Mitgläubigen einen bescheidenen Dienst zu leisten. Wie der Haushalt des Stephanas im alten Korinth  werden sie „den Dienst an der Gemeinde“ übernehmen. – 1. Korinther 16:15, 16, Die Gute Nachricht; vergleiche den Fall des Apollos [Apostelgeschichte 18:24-28; 1. Korinther 3:5, 6, 21-23; 16:12].

Wie Glieder einer liebevollen Familie nach Gelegenheiten suchen, beisammen zu sein, so suchen Kinder Gottes aus freiem Willen Mitkinder und reden über das, was ihrem Herzen teuer ist, und schütten einander die Sorgen aus. Wie die Christen des ersten Jahrhunderts haben sie Wertschätzung für die gemeinsame Zeit der gegenseitigen Erbauung und vernachlässigen daher nicht das Zusammenkommen mit Mitgläubigen. Das stimmt mit der inspirierten Ermahnung überein: „Lasst uns an dem unwandelbaren Bekenntnis der Hoffnung festhalten, denn er, der die Verheißung gegeben hat, ist treu. Lasst uns aufeinander achten und uns zur Liebe und zu guten Taten anspornen. Lasst uns nicht unseren Zusammenkünften fernbleiben, wie es einigen zur Gewohnheit geworden ist, sondern ermuntert einander, und das umso mehr, als ihr seht, dass der Tag naht.“ – Hebräer 10:23-25, Einheitsübersetzung.

Viele glauben, dass regelmäßiges Besuchen der Gottesdienste in einem bestimmten Gebäude dieses Erfordernis erfüllt. Oft jedoch ist der Besuch solcher Zusammenkünfte in erster Linie eine Sache der Zustimmung zu einer vorgeschriebenen Liturgie und bringt das Sitzen als passive Zuhörer in Reihen oder als Teilnehmer in kontrollierten Gruppendiskussionen mit sich. Der Besuch wird nicht wirklich durch ein aufrichtiges Interesse an anderen hervorgerufen, ein Interesse, das spontane Äußerungen, die „zur Liebe und zu guten Taten anspornen“, hervorruft. Um Interesse an Mitgläubigen zu zeigen und in der Lage zu sein, Äußerungen von uns zu geben, die wirklich motivierend sind, müssen wir andere als Glieder unserer geliebten Familie kennen. Unter den Versammelten sollte ein Geist vorherrschen, wo man keine Angst hat, tiefe innere Gefühle, selbst Zweifel, zu äußern. (Vergleiche, wie offen Jeremia sich vor Jehova äußerte [Jeremia 15:15-18].)

Obwohl glaubensstärkende Gemeinschaft eine wichtige Rolle in unserem Leben als Kinder Gottes spielt, folgt sie nicht immer unmittelbar, nachdem wir Jünger Jesu Christi geworden sind. Der Fall eines äthiopischen Hofbeamten veranschaulicht dies gut. „Er war nach Jerusalem gekommen, um anzubeten, und war nun auf der Heimreise. Er saß in seinem Wagen und las den Propheten Jesaja. Der Geist aber befahl dem Philippus: Geh hin! Lauf neben diesem Wagen her! Philippus lief hin und hörte, wie er das Buch des Propheten Jesaja laut vor sich hin las, und fragte ihn: Verstehst du auch, was du liest? Er gab zur Antwort: Wie soll ich das können, wenn mir niemand hilft? und bat den Philippus, aufzusteigen und sich neben ihn zu setzen. Die Stelle, die er eben las, lautete: ‚Wie ein Schaf, das zum Schlachten geführt wird, wie ein Lamm, das still ist vor dem, der sein Fell schert, so tat er seinen Mund nicht auf. In der äußersten Tiefe endete das Gericht, das über ihn verhängt war. Nun ist er lebendig. Wer will beschreiben, wie groß sein Volk ist? Emporgehoben ist er von der Erde in lebendiger Kraft.’ Da wandte sich der Minister an Philippus: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet das? Von sich selbst oder von einem anderen? Und Philippus fing an, zu reden und zu deuten, und zeigte von dieser Schriftstelle aus, wer Jesus sein und was es heiße, zu ihm zu gehören. Als sie so den Weg dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser, und der Minister fragte: Da ist Wasser! Was hindert, dass ich getauft werde? Er ließ den Wagen halten, und beide stiegen ins Wasser hinab, Philippus und der Minister, und er taufte ihn. Als sie aber aus dem Wasser stiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus, und der Minister sah ihn nicht mehr. Er reiste aber, von Herzen froh, seinen Weg weiter.“ – Apostelgeschichte 8:26-39, Zink, 1965.

Philippus drängte diesen Neugetauften nicht, so schnell wie möglich aus Äthiopien zurückzukehren,  um regelmäßig mit einer Gruppe von Gläubigen zusammenzukommen. Obwohl dieser Äthiopier nicht alle Antworten hatte, und möglicherweise nicht einmal alle existierenden Bücher der Hebräischen Schriften, war er ein Kind Gottes, der frohen Herzens weit von der nächsten Versammlung wegreiste, aber zweifellos begierig war, mit anderen zu teilen, was er gelernt hatte. Einige in Äthiopien reagierten wahrscheinlich wie er und eröffneten Möglichkeiten für eine Gemeinschaft mit anderen aus Gottes Familie. Wenn unsere Gemeinschaft vergleichsweise beschränkt ist, können wir wie der äthiopische Hofbeamte auf unserem Weg, der zum Leben führt, weitergehen und uns freuen, dass wir den Sohn Gottes, und durch ihn den Vater, kennen gelernt haben. Zur gegebenen Zeit werden andere aufgrund der Art und Weise, wie wir unser Leben führen, und aus den Äußerungen, die wir machen, erkennen, wer wir sind, und es werden sich viele Gelegenheiten für eine bekömmliche geistige Gemeinschaft ergeben.

Als geliebte Kinder können wir der liebenden Fürsorge unseres Vaters sicher sein. Sein Sohn wird als unser Hirte nie versäumen, uns als seine lieben Schafe zu führen, zu beschützen und zu nähren. Als der Mann, dem er das Augenlicht wiedergegeben hatte, aus der jüdischen Synagoge geworfen wurde, sah der Sohn Gottes nach ihm und ermutigte ihn. Offensichtlich in Gegenwart des früher blinden Mannes machte sich Jesus als der gute Hirte kenntlich, der sein Leben für die Schafe niederlegen würde (Johannes 9:1-10:21). So wie der früher Blinde durch Jesu Worte über seine Sorge für die Schafe getröstet und beruhigt worden sein musste, so können auch wir es sein.

Mit Gott als unserem Vater und Jesus als unserem Bruder werden wir niemals verlassene Waisen sein. Vielleicht ist unsere sichtbare geistige Familie klein – fast nicht bestehend im Vergleich zu den großen Bewegungen, die sich als christlich bekennen. Neben den vielen Mitkindern in der Menschenwelt jedoch haben wir eine große Schar von Engeln in unserer Familie. Sie kümmern sich innig um jede Verletzung, die Gläubige erfahren und die in den Augen anderer unbedeutsam sein mag. Jesus sagte: „Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters“ (Matthäus 18:10, Einheitsübersetzung). Als Teil dieser wunderbaren, liebevollen Familie können wir geistig aufblühen.