Bei manchen kommt eine Frage nach dem Bericht über die Flut Noahs in 1. Mose auf. Sie sind durch Behauptungen verwirrt, alte mesopotamische Dokumente gäben eine Chronologie an, die die Geschichte der Bevölkerung dieser Region viel weiter zurückreichen lasse als den zulässigen Zeitrahmen der Flut Noahs, die die Schrift anscheinend in das dritte oder vierte Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung setzt. Andere sind im Zweifel aufgrund der Frage nach der Ausdehnung dieser Flut, ob es eine weltweite Flut, die den gesamten Planeten betraf, war oder nicht. Ein wichtiger Punkt, der vorgebracht wird, dass es anders sei, ist die Tatsache, dass gewisse Tierarten (unter mehreren anderen als ein Beispiel das Känguru) nur in vereinzelten Teilen des Planeten zu finden sind, sowohl was lebende Tiere als auch in der Erde gefundene Fossile dieser Tiere angeht. Gleicherweise scheint es, wenn eine weltweite Flut mit riesigen Mengen Wasser, die den ganzen Planeten bedeckten, auftrat, schwierig zu verstehen sein, wie es dieselben Flüsse, die als vor der Flut in der Region vorkommend beschrieben werden, dort später immer noch gab, und zwar anscheinend unverändert (1. Mose 2:10-14). Vielleicht noch bedeutsamer ist, dass Gott mit seiner Entscheidung für die Flut beabsichtigte, der um sich greifenden Bosheit im Menschengeschlecht Einhalt bieten wollte. Das wirft die Frage auf, welchen Sinn es hätte, alles Tier- und Vogelleben in den überwiegend unbevölkerten Gebieten der Erde auszulöschen, da diese Geschöpfe nichts mit der menschlichen Bosheit in der Gegend, wo Noah lebte, zu tun hatten.
Im Folgenden einige Informationen, die sich bei diesen Fragen als hilfreich erweisen mögen und die dazu dienen, die Historizität und Zuverlässigkeit des biblischen Berichtes zu bestätigen.
(Was die Beweise der Chronologie angeht, die folgenden Informationen wurden durch die Forschung von Carl Olof Jonsson. Göteborg, Schweden, 2001, geliefert und unterliegen seinem Copyright.)
DIE CHRONOLOGIE DES ALTEN MESOPOTAMIENS
Stehen die Chronologien von Mesopotamien und Ägypten im Widerstreit mit dem biblischen Datum der Flut, d.h. gemäß dem hebräischen masoretischen Text etwa 2500 v.u.Z. und gemäß der griechischen Septuaginta (LXX) etwa 3500 v.u.Z.? (Die Septuaginta fügt dem Alter bestimmter vorsintflutlicher Patriarchen zur Zeit ihrer Erstgeborenen über das im masoretischen Text angegebene Alter 100 Jahre hinzu.)
Viele scheinen zu glauben, die Chronologien des antiken Mesopotamiens und Ägyptens stünden mit Sicherheit fest, während sie in Wirklichkeit nur schwach gegründet und veränderlich sind.
Die Chronologie des antiken Mesopotamiens zum Beispiel ist Schritt für Schritt erheblich gekürzt worden, und zwar als Ergebnis der Forschung im vergangenen Jahrhundert, […] , die die allmähliche Verminderung der Datierungen der Herrschaftszeiten von Sargon I. und Hammurabi zeigen. Die Chronologie des antiken Ägyptens ist in derselben Zeit in ähnlicher Weise verkürzt worden. […]
Die Probleme mit den antiken Chronologien sind alles andere als gelöst, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Daten weiter vermindert werden. Ein Problem besteht darin, dass sie oft im Widerspruch zu den mit der C14-Methode (radioaktives Kohlenstoff-14-Isotop) gewonnenen Daten stehen.
Die Cambridge Ancient History, Band 1:2 (1971), datiert die frühe dynastische Periode (E.D.) in Mesopotamien vorläufig auf etwa 3000-2450 v.u.Z., und es scheint daher angebracht zu sein, zu zitieren, was dieses Werk über eines der Probleme mit dieser Datierung zu sagen hat. Kapitel XVI, „Die frühe dynastische Periode in Mesopotamien“, wurde von dem berühmten britischen Archäologen Max E.L. Mallowan (gest. 1978) geschrieben, der erklärt:
„Leider stimmt diese anscheinend zufrieden stellende Schätzung für die Länge von E.D. nicht mit den Kohlenstoff 14- Befunden überein, besonders mit dem kürzlich geprüften Material aus Nippur, was eine Reduzierung der Daten aus dem dritten Jahrtausend um ganze sechs oder sieben Jahrhunderte erfordern mag. Wir müssen uns der Möglichkeit stellen, wenn das neuerdings hervortretende C14-Muster für das dritte Jahrtausend das richtige ist, dann müssen wir die ganze zuvor akzeptierte Grundlage der ägyptischen Chronologie, auf der die mesopotamische großenteils beruht, verwerfen. Aber wir sollten dies ohne viel stärkere Gegenbeweise nur widerstrebend tun, denn ägyptische Berechnungen, die sich auf schriftliche Belege stützen, können auf astronomischer Grundlage mit nur geringer Irrtumsspanne geprüft werden [diese angebliche „astronomische“ Stütze für die ägyptische Chronologie wird von neuzeitlichen Gelehrten zunehmend verworfen! – C.O.J.], und wenn wir eine niedrige C14-Chronologie für die frühe dynastische Periode akzeptieren stehen wir vor einer großen und unerklärlichen Kluft zwischen ihr und dem Neolithikum für das dieselbe Methode unerwartet hohe Daten ergeben hat. Einige Autoritäten sind daher für den Augenblick geneigt zu glauben, dass es an diesem Ende des dritten Jahrtausends eine Störung im Magnetfeld der Sonne gab, die das Niveau der C14-Aktivität im Kohlenstoffaustauschreservoir beeinflusst haben mag.“ (Seiten 242-243)
Es stimmt, das wurde bereits 1971 geschrieben, ehe die Kalibrierungskurven ausgearbeitet und in diese frühe Zeit hinein extrapoliert wurden. Doch immer noch sind Archäologen, die die frühen Zivilisationen im antiken Nahen Osten ausgraben, gewöhnlich gegenüber C14-Daten misstrauisch.
DIE ASSYRISCHE KÖNIGSLISTE (AKL)
Das Rückgrat der mesopotamischen Chronologie vor dem ersten Jahrtausend v.u.Z. ist die überlieferte assyrische Königsliste. Fünf Exemplare der assyrischen Königsliste (AKL) sind gefunden worden, doch da zwei davon nur Fragmente sind, sind die anderen drei die wichtigsten. Die Liste gibt die Namen und die Längen der Regierungszeiten assyrischer Herrscher von alter Zeit an bis hinab in die neuassyrische Periode an, eines der Exemplare endet mit Salmanasser V., 726-722 v.u.Z.
Die Listen wurden zu verschiedenen Zeiten aktualisiert. Alle existierenden Exemplare sind aus der Spätzeit, die älteste wurde zur Zeit der Herrschaft von Tiglatpileser II., 966-935 v.u.Z., zusammengestellt. (Die „Redaktionsgeschichte“ der AKL wird von Shigeo Yamada in der Zeitschrift für Assyriologie, Band 84:1, 1994, Seiten 11-37, diskutiert). In den späteren Teilen lässt sich die Liste gegenüber dem assyrischen Eponymenkanon (der die Zeit von 910-649 v.u.Z. abdeckt) überprüfen, und zumindest für diese Zeit scheint sie verlässlich zu sein. Ab dort und zurück bis zum Ende der Kassitenperiode, etwa 1155 v.u.Z., scheint sie insgesamt auch in Übereinstimmung mit anderen Quellen zu sein.
Es wurde jedoch gezeigt, dass die früheren Teile der Liste alles andere als zuverlässig sind. Man glaubt, dass sich die frühesten Teile zum Teil auf mündliche Überlieferung gründen. Überdies sind eine Anzahl von Herrschern und Dynastien, die in der Liste als aufeinander folgend aufgeführt werden, in Wirklichkeit vielleicht Zeitgenossen gewesen. Daher sagen die Wissenschaftler Wu Yuhong und Stephanie Dalley in einer Diskussion der gefundenen Beweise für die gleichzeitigen Könige in Kisch: „Wenn es möglich ist, dass ein Bezirk zur gleichen Zeit zwei Könige hatte, wobei der eine die sesshafte urbane Bevölkerung beherrschte und der andere die umliegenden Lager, dann wird es möglich, auf die assyrische Königsliste dieselben Kriterien anzuwenden, wie sie jetzt für die sumerische Königsliste anerkannt sind, nämlich dass parallele Dynastien als aufeinander folgend dargestellt werden.“ (Iraq, Band 52, 1990, Seite 163).
Es wurden Versuche unternommen, die Erste Dynastie Babylons (zu der Hammurabi gehört) mit Hilfe einer Anzahl astronomischer Texte zu datieren, die Beobachtungen des Planeten Venus enthalten. Diese Tafeln sind als die „Venustafeln von Ammisaduqa“ bekannt, weil sie in die Regierungszeit von Ammisaduqa datiert werden, dem Nachfolger des letzten Herrschers der Dynastie. Doch die Beobachtungen sind schwierig zu interpretieren, und man mag ihnen eine Anzahl alternativer Daten geben. Auf der Grundlage dieser Tafeln haben die Gelehrten im Allgemeinen drei verschiedene Chronologien für die Erste Dynastie von Babylon vorgeschlagen, die so genannte „hohe“, die „mittlere“ und die „niedrige“ Chronologie. Der Unterschied zwischen der hohen und der niedrigen Chronologie beträgt etwa 120 Jahre, und es bestehen darüber unter den Gelehrten noch große Meinungsverschiedenheiten. Einige haben noch andere Alternativdaten für die Venustafeln vorgeschlagen.
Der aktuelle Stand der mesopotamischen Chronologie für das zweite Jahrtausend und noch frühere Perioden wird von Prof. F.H. Cryer angemessen beschrieben:
„Im Gegensatz zur Datierung im ersten Jahrtausend beruhen die absoluten Daten anderer chronologischer Perioden auf Vermutungen. Der Beginn des ersten Jahrtausends und der Übergang vom zweiten Jahrtausend sind in allen bestehenden Quellen sehr unklar, was Mesopotamien betrifft. Für unsere Unkenntnis wird gewöhnlich ein extremer Mangel an Quellen angeführt, und in der Tat sind wir großenteils, wenn nicht gänzlich, auf die manchmal sehr voneinander abweichenden Königslisten angewiesen, um auch nur ein schemenhaftes Bild zu erhalten. In diesem Zusammenhang werden wir durch die Tatsache behindert, dass es, besonders in Assyrien, für die örtlichen Chronisten wichtig zu sein schien, zumindest die Illusion einer dynastischen Kontinuität zu umreißen, so dass zahlreiche gleichzeitig herrschende Könige rivalisierender Fürstentümer (das heißt, nebeneinander liegende Herrschaftsgebiete) in den Berichten aufeinander zu folgen schienen. Dasselbe gilt auch für die verschiedenen antiken Ausgaben der sumerischen Königsliste, ein Dokument, das eine Abfolge der Stadtstaaten zusammen mit ihrer Aufeinanderfolge von Herrschern angibt, denen Götter die Einrichtung des Königtums verliehen.“ – F.H. Cryer in Civilizations of the Ancient Near East, Jack M. Sasson et al (Herausgeber), Band II, 1995, Seite 657.
Diese Probleme mit der Überlieferung der assyrischen Königsliste und der Chronologie für die frühe Zivilisation Mesopotamiens sind erst kürzlich von Dr. Julian Reade vom Britischen Museum in einem ausführlichen Artikel, „Assyrian King-lists, the Royal Tombs of Ur, and Indus Origin“, veröffentlicht im Journal of Near Eastern Studies, Band 60:1, Januar 2001, Seiten 1-29, betont worden. In seiner ausführlichen und sehr interessanten Diskussion erklärt Reade, dass die mesopotamische Chronologie für die Zeit von 2500-1500 v.u.Z. „verzerrt“ sei, und er argumentiert für „viel niedrigere Chronologien, als sie gewöhnlich für diese Periode angeführt werden“. Er zeigt auch, dass eine solche Verminderung der Chronologie gleichfalls von neueren Untersuchungen der Jahresringe an Bäumen unterstützt wird. (Seiten 1, 10)
Angesichts der jetzt verfügbaren Beweise gibt es daher keine wirkliche Grundlage für Zweifel an der Richtigkeit der ungefähren Zeit der Flut Noahs, wie sie in der Bibel steht.
Was das zweite Problem betrifft, das Ausmaß der Flut, so können wir sehen, dass nichts außerhalb der Macht des Schöpfers von Himmel und Erde liegt. Aber die eigentliche Frage ist: Was sagt der biblische Bericht wirklich? Fordert er eine weltweite Flut, die jeden Teil des Planeten betraf?
Wie Carl Olof Jonsson zeigt, gibt es handfeste Beweise für eine Flut gewaltigen Ausmaßes im Gebiet Mesopotamiens. Mit einigen zugefügten Ergänzungen fährt er fort:
DIE MESOPOTAMISCHE FLUT VON 3500 V.U.Z.
Dass eine gewaltige Flut, gegenwärtig von Geologen auf etwa 3500 v.u.Z. datiert, die mesopotamische Tiefebene ertränkte und die vorsumerische Ubaid-Zivilisation wegschwemmte, scheint heute aufgrund von in den 1960er und 1970er Jahren im Gebiet Mesopotamiens und des Persischen Golfs durchgeführte geologische und geomorphologische Untersuchungen eindeutig festzustehen. Theresa Howard bringt in dem Artikel „The Tangible Evidence fort he Earliest Dilmun“, veröffentlicht im Journal of Cuneiform Studies, Band 33, 1981, Seiten 210-223, eine Zusammenfassung der Beweise.
In ihrer Erörterung der Flut beginnt Howard-Carter mit dem Hinweis: „Fast alle Autoritäten, die sich in Schriften vor 1975 ernsthaft der Frage nach der Flut gewidmet haben, haben sich insofern als richtig erwiesen, wie sie sich allein auf Fluten in Mesopotamien beziehen. Doch neuere Untersuchungen der Geomorphologie der Golfregion zwingen uns jetzt, in größeren Begriffen zu denken.“ Dann stellt die kurz die neuen Beweise für eine gewaltige Flut um etwa 3500 v.u.Z. vor, die ausgedehnter war als die in früheren Werken besprochenen lokalen Fluten:
„Zuvor war über die Flut immer nur in Begriffen des Gebietes, das den Ausfluss des Golfs, das Delta und das untere Mesopotamien umfasst, gesprochen worden. Die neuen Beweise zwingen uns, die ganze Golfregion, buchstäblich in ihrem Gesamtausmaß, in Betracht zu ziehen … Diese Mutter aller Fluten ereignete sich genau zur Mitte des vierten Jahrtausend [etwa 3500 v.u.Z.] zu einem Zeitpunkt, der archäologisch bereits als Beginn der Uruk-Periode gekennzeichnet wurde. Dies lässt sich stratigraphisch in Eridu, Ur und Warka zeigen.“ (Seiten 221-222)
Meeresmuscheln, Meeresterrassen und andere Beweise zeigen an, dass das Wasser, das die Städte der Ubaid-Zivilisation ertränkte, durch eine gewaltige Bewegung des Meeres vom Golf her verursacht wurde. Dieser Befund stimmt mit der manchmal übersehenen Aussage in 1. Mose 7:11 überein, dass die Wasser der Flut zwei Quellen hatten: (1) „die Quellen der großen Tiefe brachen auf, und (2) die Tore des Himmels wurden geöffnet.“ Die „große Tiefe“ (hebr. tehom rabba) wird in der Bibel besonders für das Meer verwendet (z.B. Jesaja 51:10; 63:13; Jona 2:4). Die Überflutung vom Persischen Golf her würde erklären, warum die Arche Noahs (=des sumerischen Ziusudra, von dem gesagt wird, er habe in der Stadt Shuruppak in Südmesopotamien gelebt) nordwärts zu den Bergen oder Hügeln des Araratgebietes getragen wurde. Wäre die Flut nur durch Wasser (Regenfälle) von oben und begleitende Überflutungen der Flüsse Euphrat und Tigris verursacht worden, wäre die Arche südwärts in den Golf getragen worden.
DAS AUSMASS DER FLUT VON 3500 V.U.Z.
Es erscheint offensichtlich, dass diese verheerende Katastrophe der geschichtliche Hintergrund der biblischen und der mesopotamischen Flutüberlieferungen war. Wie weit diese „Riesenflut“ nach Norden reichte, ist immer noch eine offene Frage. Eine gewaltige Meereswelle vom Persischen Golf konnte eine sehr weite Strecke über die Tiefebene nach Norden reichen, selbst bis zu den Berggegenden des nördlichen Irak. Man sollte sich vor Augen halten, dass der größte Teil der mesopotamischen Ebene unterhalb dieses Gebietes sehr tief liegt. Die gesamte Deltaniederung südlich von Bagdad zum Beispiel ist extrem flach und erhebt sich nur wenige Meter vom Persischen Golf bis nach Bagdad, so dass Bagdad, 600 Kilometer nördlich des Golfs, nur weniger als 10 (zehn) Meter über dem Meeresspiegel liegt!
Damit eine lokale Flut mehr als ein paar Stunden oder Tage dauert, müsste es sich um ein umschlossenes Gebiet handeln, die die ganze Tigris-Euphrat-Region mit einschließt. Und Tatsache ist, dass der Irak oft als „Trog“ beschrieben wird. Die Encyclopedia Britannica, Band 12 (1969), erklärt zum Beispiel: „Der Irak besteht aus einem Tieflandtrog, der zwischen asymmetrischen und sehr unterschiedlichen Hochlandmassiven im Osten, Norden und Westen liegt und sich südwärts bis zum Persischen Golf fortsetzt.“ (Seite 527) Ähnlich sagt Dr. Susan Pollock in ihren neueren Werk Ancient Mesopotamia (Cambridge, 1999):
„Mesopotamien ist geologisch betrachtet ein Trog, geschaffen, als die Arabische Platte gegen die asiatische Landmasse drückte und das Zagrosgebirge aufwarf sowie das Land südwestlich von ihnen niederdrückte. Innerhalb dieses Grabens haben Tigris und Euphrat und ihre Nebenflüsse gewaltige Mengen an alluvialen Sedimenten abgelagert und die mesopotamische Tiefebene gebildet (bekannt auch als alluviale mesopotamische Ebene). Heute erstreckt sich die mesopotamische Tiefebene etwa 700 Kilometer lang, von annähernd der geographischen Breite von Ramadi und Baquba im Nordwesten bis zum Golf, der ihr südöstliches ende überflutet hat.“ (Seite 29)
Da nicht genau bekannt ist, was die massive Bewegung des Meeres, die zur Überflutung der mesopotamischen Ebene führte, bewirkte, mag es Umstände gegeben haben, die uns heute unbekannt sind und die die Wassermassen daran hinderten, zu schnell wieder ins Meer zurückzufließen. Es verbleibt eindeutig noch vieles zu erforschen.
In großem Maße beruht das Problem, das von einigen aufgeworfen wird, auf der Bedeutung, die bestimmten Worten im hebräischen Text des Genesisberichts zugemessen wird. Darunter sind die Worte, die oft mit „Erde“, „Himmel“, „hohe Berge“ wiedergegeben werden. Eine Betrachtung der Grundbedeutung dieser Begriffe ist erhellend.
„ERDE“ ODER „LAND“?
Die Beweise zeigen also, dass es tatsächlich eine Sintflut gab. Sie mag sehr wohl in dem Sinne „lokal“ oder „regional“ gewesen sein, dass sie auf Mesopotamien und vielleicht andere Küstengegenden und tiefer liegende Gebiete der Erde begrenzt war, auf Orte, wo sich in der Antike gewöhnlich Menschen niederließen. In der sumerischen Flutüberlieferung zumindest wird deutlich angezeigt, dass die Flut eine lokalisierte Katastrophe war, da gesagt wird, dass „die Flut über das Land (sumerisch: kalam) spülte“. Kalam war der Name, den die Sumerer für ihr eigenes Land verwendeten, das grob das Gebiet vom Golf bis zum heutigen Bagdad umfasste, ehe es in späterer akkadischer Zeit in Sumer und Akkad geteilt wurde.
Die biblische und die mesopotamischen Flutüberlieferungen entsprechen einander eng, obwohl sich nicht zeigen lässt, dass der biblische Bericht sich von den anderen ableitet oder umgekehrt. Sie legen Zeugnis ab, dass sie einen gemeinsamen Ursprung haben und über dasselbe Ereignis sprechen. Aus diesem Grund ist es möglich, vielleicht sogar wahrscheinlich, dass auch die Bibel, wie die mesopotamischen Überlieferungen, von einer regionalen Katastrophe spricht und das hebräische Wort erez im Sinne von „Land“ oder „Gebiet“ anstatt von „Erde“ gebraucht. Dass der biblische Bericht über die Sintflut in 1. Mose 6-8 vielleicht so zu verstehen ist, wird beispielsweise von Prof. Franz Delitzsch, einem führenden konservativen Bibelgelehrten des 19. Jahrhunderts, in seinem Werk Neuer Kommentar zur Genesis, Band 1, Seiten 222-282, gezeigt (Seitenangabe der englischen Übersetzung, der Kommentar wurde erstmals 1887 in Deutsch veröffentlicht).
Es sollte betont werden, dass die Bibel das Wort erez meistenteils im Sinne von „Land“ und seltener im Sinne von „Erde“ (=der Globus) gebraucht. Im Theological Dictionary of the Old Testament, Band 1, Seite 393, erklärt Dr. Magnus Ottosson: „Es ist nicht immer leicht, festzustellen, ob erez unter den gegebenen Umständen ‚Erde’ oder ‚Land’ bedeutet.“
In 1. Mose 10:10; 11:2 wird erez zum Beispiel benutzt, um vom „Land“ Sinear zu sprechen, nicht vom Planeten Erde, und in 1. Mose 12:5 bezieht es sich auch wieder nicht auf den ganzen Globus, sondern nur auf das „Land“ Kanaan, in 13:10 auf das „Land Ägypten“ und in 36:31 auf das „Land Edom“. So wird der Begriff verschieden verwandt, und dies spricht gegen eine willkürliche Wiedergabe. Wie gesagt, die häufigste Verwendung des Begriffes ist die als „Land“ und nicht als Planet Erde.
Übersetzer haben dasselbe Problem mit dem griechischen Wort für „Erde“, gē. (Von diesem Grundbegriff sind unsere Wörter „Geographie“ und „Geologie“ abgeleitet.) Es kann entweder „Erde“ oder ein eher begrenztes Gebiet wie „Land“ oder „Bezirk“ bedeuten. In unserem Raumfahrtzeitalter sind wir gewöhnt, uns unter „Erde“ den ganzen Globus vorzustellen, aber in alter Zeit taten das die Menschen weniger häufig. In Colin Browns The New International Dictionary of New Testament Theology, Band 1, Seite 518, sagt Dr. R. Morgenthaler:
„Es ist häufig schwierig zu entscheiden, ob eine bestimmte Passage von einem bestimmten Land, besonders dem Land Israel, oder von der bewohnten Erde als Ganze spricht. Mit unserem modernen Weltbild sind wir geneigt, global und universal zu denken. Doch das NT kann ‚die Erde’ in einer sehr partikularistischen Weise verwenden.“
Es ist daher ganz gut möglich, dass das von der biblischen Flut bedeckte erez in erster Linie das „Land“ oder Gebiet Mesopotamiens meinte, wie das sumerische Wort kalam. Immer muss aufgrund des Kontexts entschieden werden, ob erez „Land“ oder „Erde“ bedeutet. Und wenn der biblische Kontext nicht ausreicht, die Frage zu entscheiden, mag der geschichtliche Kontext, in dem der Bericht seinen Ursprung hatte, unser bester Führer sein.
Auch spätere biblische Hinweise auf die Flut müssen nicht unbedingt als Bezug auf ein globales Ereignis verstanden werden. In 1. Mose 6:17 finden wir die Worte: „Und alles, was auf der Erde [hebräisch: erez] ist, soll sterben.“ In der Schrift begegnen wir manchmal der Verwendung von Metonymie, wo ein Teil für das Ganze steht. Dasselbe findet sich in modernen Sprachen. Beispielsweise würde, wenn man davon spricht, dass sich Personen an einem Ort versammeln, die Aussage „Jeder redete“ in Spanisch mit „Todo el mundo hablaba“ wiedergegeben werden. Todo el mundo bedeutet wörtlich „alle Welt“, aber in diesem Fall meint es einfach jeden unter den zu der Zeit und an dem Ort Anwesenden. Dasselbe gilt fürs Französische und den Ausdruck „tout le monde“. Es ist interessant zu beobachten, dass Jesus, als er von seinem zweiten Kommen als einem unerwarteten Ereignis sprach, dies nicht nur mit dem Kommen der Flut, sondern in eben derselben Passage auch mit der Vernichtung Sodoms verglich. Und so wie er sagte, dass die Flut „sie alle vernichtete“, sagte er auch von Sodom, dass das Feuer und der Schwefel vom Himmel „sie alle vernichtete“ (Lukas 17:26-30). Das Wort „alle“ bezieht sich in beiden Fällen natürlich auf alle, die von der jeweiligen Katastrophe betroffen waren, nicht unbedingt auf alle Menschen auf der Erde, wie es im zweiten Fall, dem von Sodom, offensichtlich ist. Auch Petrus spricht von diesen beiden Katastrophen in ähnlicher Weise (2. Petrus 2:5-9). Etwas ähnliches muss man im Sinn behalten, wenn man die Worte in Petri Aussage betrachtet, dass „die Welt jener Zeit vom Wasser überschwemmt wurde und unterging.“ Hier steht für den Begriff „Welt“ das griechische kosmos. In dem Buch Studies in the Vocabulary of the Greek New Testament von K.S. Wuest (Seite 57) lesen wir: „Da kosmos als die Ordnung der Dinge betrachtet wird, in deren Mittelpunkt der Mensch steht, wird die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf ihn gelenkt, und kosmos bezeichnet die Menschheit innerhalb dieser Ordnung der Dinge, die Menschenwelt, wie sie sich in und durch eine solche Ordnung zeigt (Matthäus 18:7) …“
Der entscheidende Punkt des Genesisberichts, wie auch der Bezugnahmen Christi und Petri, ist, dass das Menschengeschlecht einer Wasserkatastrophe unterworfen war und dass die Menschenwelt nur aufgrund der Vorkehrung Gottes durch Noah überlebte (Matthäus 24:39). Wenn das Menschengeschlecht in den Tagen Noahs, wie es scheint, auf ein relativ begrenztes geographisches Gebiet beschränkt war – und das muss der Fall gewesen sein, wenn alle Menschen in der Lage waren, sich des Predigens Noahs bewusst zu sein (2. Petrus 2:5) und Kenntnis erhalten zu haben, was er mit dem Bau der Arche tat –, dann würde die Überflutung dieses gesamten Gebietes ein Überfluten der Welt (der menschlichen Sphäre und der Ordnung mit dem Menschen im Mittelpunkt) oder des kosmos jener Zeit darstellen.
Ein Kommentar sagt dazu:
„Es gibt allen Grund zu glauben, dass diese Katastrophe so weit reichte wie die Bevölkerung der Welt. In jedem Zweig der Menschheitsfamilie sind Überlieferungen des Ereignisses zu finden. Diese Überlieferungen brauchen nicht angeführt zu werden, obwohl einige von ihnen in bemerkenswerter Weise der biblischen Geschichte ähneln, während andere sehr schön in ihrem Aufbau und bedeutsam in einzelnen Punkten sind. Örtliche Fluten, die zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Ländern auftraten, hätten nicht zu den exakten Übereinstimmungen in diesen Überlieferungen führen können, wie das Aussenden der Vögel und die Zahl der geretteten Personen.“ – The Expositor’s Bible, mit einem Kommentar zu 1. Mose von Marcus Dods.
Dieselbe Quelle trifft folgende Beobachtungen:
„Es [ist wichtig], das Wesen der Erzählung und den allgemeinen Gebrauch der Sprache unter den Hebräern zu berücksichtigen. Und wenn wir das sorgfältig tun, werden wir sicher zu dem Schluss geführt, dass die Sintflut vom Standpunkt eines Augenzeugen geschildert wird … wir dürfen auch im Sinn behalten, dass es die Gewohnheit der Heiligen Schrift ist, historische Berichte auf die Aussagen von Augenzeugen zu beziehen. Das gilt sehr stark für das Neue Testament. Die Apostel und Evangelisten erheben ständig den Anspruch, bei den Szenen, die sie erzählen, anwesend gewesen zu sein (siehe besonders Lukas 1:1, 2; Johannes 19:35; 21:24; Apostelgeschichte 1:3; 1. Korinther 15:3-6; 2. Petrus 1:16; 1. Johannes 1:1); und sie erzählen sie als Szenen, die ihnen erschienen. Die Taufe Jesu, die Verklärung, das Gehen auf dem Wasser, die Vermehrung der Brote und Fische, die Kreuzigung, die Auferstehung, die Himmelfahrt, die Feuerzungen zu Pfingsten: alle werden einfach geschildert, da die, die sie darstellen, sie sahen und sich vorstellten.
Genauso wird die Sintflut in Genesis beschrieben. Sie wird geschildert, als hätte sie sich den Augen Noahs und seiner Familie gezeigt. Überdies ist es nach dem eben erwähnten Grundsatz in höchsten Maße wahrscheinlich, dass die Schilderung wirklich eine ist, die von einem dieser Augenzeigen gegeben wurde. Es wäre sehr merkwürdig gewesen, wenn keine solche Schilderung gegeben und aufbewahrt worden wäre. Sem hätte sie fast sicher immer wieder seinen Kindern und Enkeln erzählt. Sie hätten sie in ihrer Erinnerung aufbewahrt und weitergegeben. Wie es bekanntermaßen bei anderen Nationen der Fall gewesen ist (siehe Max Müllers ‚Sans Lit.’, Seite 500), würden die genauen Worte der ursprünglichen Erzählung sorgfältig von Vater zu Sohn aufgezeichnet, ob schriftlich oder durch mündliche Überlieferung, und so haben wir aller Wahrscheinlichkeit nach in Genesis genau die Silben, mit denen der Patriarch Sem den Vorfahren Abrahams das schilderte, was er selbst gesehen hatte und an dem er so großen Anteil hatte. Die göttliche Autorität der Erzählung wäre dadurch nicht mehr beeinflusst, als die Autorität des Evangeliums … von Markus durch die mögliche Tatsache beeinflusst wird, dass Markus das erzählte, was … Petrus ihm aufgrund dessen mitteilte, was er selbst gesehen und gehört hatte. Wir wollen es daher so betrachten. Einer der acht Menschen, die in der Arche gerettet wurden, erzählt alles, was er sah.“
Dass die Juden in alter Zeit sich der Möglichkeit bewusst waren, dass die biblische Flut eine regionale Katastrophe sein konnte, wird aus der Tatsache ersichtlich, dass die Rabbis nach dem Talmud diskutierten, ob die Wasser der Flut das Land Israel erreichten oder nicht.
„BERGE“ ODER „HÜGEL“?
Gemäß 1. Mose 7:19 bedeckten die Wasser der Flut „alle hohen Berge unter dem ganzen Himmel“. Das bedeutet nicht unbedingt, dass die Wasser alle hohen Berge des ganzen Planeten bedeckten. „Unter dem ganzen Himmel“ kann auch einfach nur bedeuten, dass die Wasser alle Berge, die für die Leute in der Arche über dem Horizont sichtbar waren, bedeckten. Zuerst wollen wir anmerken, dass der hebräische Begriff (schamajim), der mit „Himmel“ wiedergegeben wird, eine ganze Bandbreite von Anwendungen hat.
In 5. Mose 4:17 und 1. Samuel 17:44 bezieht er sich einfach auf die Luft über dem Erdboden, in der die Vögel fliegen. Die hoch ummauerten Städte Kanaans wurden beschrieben als „bis an die Himmel befestigt“ (5. Mose 9:1). So kann „unter dem ganzen Himmel“ richtigerweise alles bedeuten, was von Horizont zu Horizont in Sichtweite ist.
Überdies kann das im Plural stehende hebräische Nomen harim „Berge“ oder „Hügel“ bedeuten. Nicht nur die Übersetzer der King James Version, sondern auch die neuzeitlichen Übersetzer der New King James Version geben harim in 1. Mose 7:19 mit „hohe Hügel“ wieder. Auch Bullinger tut dies in seiner The Companion Bible: „Alle hohen Hügel, die unter dem ganzen Himmel waren, wurden bedeckt.“ Und Ferrar Fentons The Five Books of Moses liest gleichfalls „alle Hügel“, aber er fügt „und Berge“ hinzu. Diese Übersetzer wählten das Wort „Hügel“ sicher nicht, weil sie glaubten, die Flut sei eine lokale gewesen, sondern weil es das war, was harim oft bedeutete, und weil sie meinten, es sei richtig, es in diesem Textzusammenhang so wiederzugeben. Das träfe insbesondere zu, wenn der Flutbericht, wie gewöhnlich angenommen wird, das Zeugnis von Menschen war, die in Mesopotamien lebten, wo die einzigen „Berge“, die die Bewohner sehen konnten, Hügel waren. Für jemanden, der wie Ziusudra in Südmesopotamien in der Stadt Shuruppak lebte, zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris, lag das hohe persische Gebirge im Osten 250 Kilometer entfernt und war wegen der Krümmung der Erdoberfläche nicht zu sehen.
DIE „BERGE DES ARARAT“
Gegen Ende der Flut kam die Arche Noahs „auf den Bergen [oder ‚Hügeln’] des Ararat“ zu ruhen (1. Mose 8:4). Ursprünglich war Ararat nicht der Name eines Berges, sondern der eines geographischen Gebietes, das später, in der assyrischen Periode, zu einem Königreich befestigt wurde. (Siehe 2. Könige 19:37; Jesaja 37:38; Jeremia 51:27) Dieses spätere Königreich lag nördlich und nordöstlich von Mesopotamien mit dem Zentrum um den Van- und den Urmiasee. In assyrischen Keilischriften ist die Form des Namens Urartu. Das Königreich Urartu wurde Ende des 7. Jahrhundert v.u.Z. zerstört, und danach verschwindet der Name.
Wenn also in 1. Mose 8:4 gesagt wird, die Arche „ruhte dann auf den Bergen [Hügeln] von Ararat“, dann bedeutet das, dass sie auf den Bergen oder Hügeln in der Gegend von Urartu ruhte. Der Plural, „Berge, Hügel“, sollte auffallen. Erst in späterer christlicher Überlieferung, ab dem 11. Jahrhundert u.Z., wurden die hohen Berge von Agri Dag in der Nordosttürkei „Ararat“ genannt und mit dem Ort der Landung gleichgesetzt. Die Bibel selbst jedoch erwähnt den Namen des Berges nicht, und sie sagt auch nicht, dass es ein hoher Berg war.
Die Targume und die frühe syrische Übersetzung (Peschitta) geben Ararat mit „Korduene“ (Karduchia) wieder, und das ist dort, wo auch Berossus gemäß Josephus (Jüdische Altertümer 1.3.6.) die Stelle der Landung lokalisiert. Korduene scheint sich auf das von den Kurden besetzte Gebiet zu beziehen, Kurdistan, das frühere Armenien. Und so geben die lateinischen Versionen Ararat auch wirklich mit „Armenien“ wieder, dem Territorium, das grob dem früheren Königreich Urartu entspricht. Ein ausgezeichnetes neueres Werk über das Königreich Urartu/Ararat ist Urartu – das Reich am Ararat von Ralf-Bernhard Wartke (Mainz, 1993).
Archäologische Funde zeigen, dass die südliche Grenze des Königreiches Urartu sich hinunter bis zur Gegend von Ninive (nahe dem heutigen Mossul) und dem Fluss Zab erstreckte. Es ist ganz gut möglich, dass das früher Urartu genannte geographische Gebiet größer war und sich weiter südlich und südöstlich erstreckte. Große Gebiete des südlichen Königreiches Urartu lagen nur zwischen 300 und 200 Metern über dem Meeresspiegel. Die Hamrinbergkette nordöstlich von Bagdad erreicht etwa 500 Meter. Aber zur Zeit der Flut mögen diese Gebiete viel tiefer gelegen haben, da seither die Gebirgsauffaltung im Irak und südwestlichen Persien vor sich gegangen ist. Dr. G.M. Lees und Dr. N.L. Falcon weisen auf folgendes hin:
„Dieses Bergsystem hat sich durch eine relative Annäherung zwischen Zentralpersien und dem stabilen arabischen Massiv aus einer breiteren Zone der Depression oder Geosynkline entwickelt, die den beweglichen Streifen dazwischen zusammendrückte und eine Reihe von gewaltigen Erdauffaltungen oder Faltengebirgen bildete. Die Zeit der maximalen Tangentialbewegung lag im späten Pliozän, aber die Anhebung des Gebirgsrückens als Ganzem im Unterschied zu Faltenbewegungen hielt bis in neuere Zeit an und findet immer noch statt.“ („The Geographical History of the Mesopotamian Plains“, The Geographical Journal, Band CXVIII, 1952, Seite 27).
Es gibt Gründe zu glauben, dass die Berge/Hügel, auf denen die Arche Noahs ruhte, nicht sehr hoch gewesen sein können. Als die Arche auf einem Berg/Hügel in Urartu absetzte, schickte Noah einen Raben und dann eine Taube aus. Als er die Taube zum zweiten Mal aussandte, kam sie mit einem frischen „Olivenblatt“ zurück (1. Mose 8:11). Menschen im Mittleren Osten wussten sehr gut (und wissen es noch), dass Olivenbäume nur bis zu einer Höhe von 500 Metern über dem Meeresspiegel wachsen können. Daher kann die Arche kaum höher abgesetzt haben, möglicherweise viel niedriger. Auch das stimmt mit dem Verständnis der Flut als einer mehr oder weniger regionalen Katastrophe überein.
Wie schon gesagt, hätte Gott in seiner Macht auch eine globale Flut hervorbringen können. Die hier vorgebrachten Punkte sollen zeigen, dass der biblische Bericht selbst auch ein anderes Verständnis zulässt.
Über den Weg, das Menschengeschlecht zu bewahren, sagt The Bibel Commentary, herausgegeben von F.C. Cook, mit einem Kommentar von E.H. Browne über 1. Mose:
„Wenn gefragt wird, warum es Gott gefiel, Mensch und Tier in einem großen Schiff zu bewahren, anstatt ihnen Zuflucht auf hohen Hügeln oder an einem anderen Zufluchtsort zu gewähren, fragen wir vielleicht vergebens. Und doch können wir sicher erkennen, dass die große moralische Lektion und die an der Flut und der Arche gezeigten großen geistigen Wahrheiten wohl eine Signalabkehr vom üblichen Lauf der Natur und der Vorsehung wert waren. Das Gericht war weitaus kennzeichnender, die Befreiung zeigte sich weitaus mehr von Gott, als es der Fall gewesen wäre, wenn Hügel oder Bäume oder Höhlen als Zuflucht für die, die gerettet werden sollten, vorgesehen gewesen wären. Die große prophetische Vorschattung der Rettung aus einer Flut von Sünde durch Christus und in der Kirche Christi hätte all ihre Schönheit und Symmetrie verloren, wenn allein irdische Zufluchtsorte für die Errettung genügt hätten. So aber ist die Geschichte von Noah nach der Geschichte Christi diejenige, die vielleicht am mächtigsten unsere Gedanken fesselt, unser Gewissen beeindruckt und doch unsere Hoffnungen belebt. Es war ein Gericht, das damals mit Signalwirkung durchgeführt wurde. Es war eine Lektion, die für alle Zeit höchst belehrend war.“
Zur Auswirkung auf Noah und seiner Notwendigkeit eines Glaubens an Gottes Weisheit und Vorkehrung erklärt der Kommentar von David Atkinson in der Reihe „The Bible Speaks Today“ (veröffentlicht bei Inter-Varsity Press):
„Das Leben war für Noah [keine] Luxuskreuzfahrt. [Für lange Zeit] in einer dunklen, zweifellos stinkenden, ganz sicher unhygienischen Gruft eingeschlossen, hätte Noah gut am Leben verzweifeln können … Man darf vermuten, dass Noah ziemlich beständig an den Herrn dachte und sich fragte, was um Himmels Willen denn da los war … Wurde er dafür gerettet – um in diesem Gefängnis eingepfercht seine Tage zu verbringen, acht Menschen und eine Menagerie, ohne auch nur hinaussehen zu können [?] Was für ein Preis für den Gehorsam.“
Der chaldäische Bericht über die Flut beschreibt, dass Noah zu einem gewissen Zeitpunkt von Trübsal über seine Erfahrung überwältigt war. Der Kommentar The Expositor’s Bible äußert die Ansicht, dieses Gefühl Noahs wäre vernünftig, und gibt als Gründe und auch als Lektionen, die daraus zu lernen sind, an:
„Das Gefühl der Verzweiflung und der Einschränkung nahm in Noah eher zu, als dass es geringer wurde. Monat für Monat verging; täglich kam der Tag näher, wo er nichts mehr zu essen haben würde, und doch war das Wasser unvermindert da. Er wusste nicht, wie lang er an diesem dunklen, unangenehmen Ort gehalten werden sollte. Er wurde ohne übernatürliche Zeichen, die ihm gegen seine natürlichen Ängste hätten helfen können, seinem Tagewerk überlassen … Er war ja in Sicherheit, während andere vernichtet worden waren. Aber zu was sollte seine Sicherheit gut sein? Sollte er je aus diesem Gefängnishaus herauskommen? Auf welche Nöte sollte er zuerst zurückgeführt werden? So ist es oft mit uns selbst. Wir werden uns selbst überlassen, um Gottes Willen zu erfüllen – ohne vernünftige Zeichen, die wir über unsere natürlichen Probleme, schmerzhafte und drückende Umstände, schlechte Gesundheit, bedrückten Geist, das Versagen von Lieblingsvorhaben und alten Hoffnungen stellen können – so dass wir schließlich bei dem Gedanken landen, Sicherheit sei vielleicht alles, was wir in Christus haben sollen, eine bloße Verschonung von einer Art Leid, erkauft durch das Erdulden von viel mehr Leid einer anderen Art, so dass wir unter allen Umständen für die Begnadigung dankbar sein sollen; wir kommen mit dem Leben davon und müssen zufrieden sein, auch wenn es nur das nackte Leben ist. Wie oft fragt sich ein Christ eigentlich, ob er nun ein Leben gewählt hat, das er ertragen kann, ob die Monotonie und die Beschränkungen des christlichen Lebens nicht mit wahrer Freude unvereinbar sind?
Die Anwendung dieses Ereignisses im Neuen Testament ist erstaunlich. Petrus vergleicht es mit der Taufe, und beide werden als Veranschaulichungen für Rettung durch Vernichtung benutzt. Die acht Seelen, sagt er, die in der Arche waren, „wurden durch das Wasser gerettet“. Das Wasser, das die übrigen vernichtete rettete sie. Als wenig Hoffnung zu bestehen schien, dass die göttliche Linie in der Lage sei, dem Einfluss der ungöttlichen zu widerstehen, kam die Flut und hinterließ Noahs Familie in einer neuen Welt. Der Reuige, der an die Wirksamkeit des Blutes Christi glaubt, ihn von Sünden zu reinigen, lässt seine Verunreinigung abwaschen und erhebt sich für das Leben, das Christus gibt, neu und rein. In Christus benötigt der Sünder Schutz für sich und Vernichtung seiner Sünden. Es ist Gottes Zorn gegen die Sünde, der uns rettet, indem unsere Sünden vernichtet werden, so wie es die Flut war, die die Welt vernichtete, aber gleichzeitig und dadurch Noah und seine Familie rettete.“